
Heute im Ersten: „Nord bei Nordwest: Wilde Hunde“ – Jenseits von Eden
Frankfurter Rundschau
Im entspannt inszenierten heiteren Abschluss der ARD-Trilogie „Nord bei Nordwest: Wilde Hunde“ mit Hinnerk Schönemann geht es ausnahmsweise mal nicht um organisierte Kriminalität. Die TV-Kritik.
Schwanitz - Wie die meisten Dörfer ist auch das beschauliche Schwanitz an der Küste Ostholsteins ein friedlicher Ort. Deshalb waren die aufregendsten Krimis der ARD-Reihe „Nord bei Nordwest“ stets jene, in denen das Verbrechen aus der Großstadt Einzug hielt: weil wahlweise Tierarzt Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) oder zuletzt Polizistin Hannah Wagner (Jana Klinge) von ihrer früheren Vergangenheit im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität eingeholt wurden. Ansonsten dürfte die Anzahl der Vergehen jedoch ähnlich überschaubar sein wie in den meisten anderen Paar-Tausend-Seelen-Ortschaften.
Vermutlich ist es gar nicht so einfach, sich plausible Delikte auszudenken, damit Jacobs, der sich das Revier seit dem Tod von Wagners Vorgängerin Lona Vogt mit deren Nachfolgerin teilt, nicht bloß seinem Zweitberuf nachgeht; um die veterinärischen Aufgaben kümmert sich mittlerweile ohnehin die zur Partnerin beförderte Praxishilfe Jule Christiansen (Marleen Lohse). Neben der Verbrechensbekämpfung ist zwar auch die nie erklärte Zuneigung zwischen diesen beiden ein ständiges Thema der ARD-Reihe „Nord bei Nordwest“, aber das ist auf Dauer nicht abendfüllend; zumindest nicht in einem Krimi.
Wie die meisten Episoden der ARD-Reihe „Nord bei Nordwest“* beginnt auch die siebzehnte mit einem Kratzer auf dem ansonsten idyllischen Gesamtbild: Dorfquerulant Schuster (Till Huster) weist Wagner darauf hin, dass die Räder ihres Dienstwagen auf dem Bürgersteig stehen. Kurz drauf denunziert der Mann, der eine Standleitung zum Ordnungsamt hat, niemanden mehr: Anscheinend hat er sich aufgehängt. Jacobs glaubt jedoch nicht an Suizid, zumal sich Schuster gerade erst beim Lieferservice Essen bestellt hat.
Die Ermittlungen führen zu einer nahen Hundepension mit dem schönen Namen Eden. Der Betreiber, Kai Schwarz (Uke Bosse), ist allerdings ein wenig sympathischer Typ, der garantiert Dreck am Stecken hat. Tatsächlich ist das Hundehotel die Fassade eines Schmuggels in großem Stil: Schwarz benutzt die Vierbeiner als sogenannte Mulis, um ein im Rest der EU noch nicht zugelassenes Palliativmedikament über die polnisch-deutsche Grenze zu transportieren.
Die reine Krimistory der ARD-Reihe „Nord bei Nordwest“ würde im Grunde auch eine Serienfolge füllen; der Reiz von „Wilde Hunde“ resultiert aus der Zeichnung der Figuren und den Details, mit denen Reihenschöpfer Holger Karsten Schmidt sein Drehbuch angereichert hat. Sehr interessant ist beispielsweise ein Blumenkindpärchen (Jing Xiang, Max Thommes), das mit seinem „Love & Peace“-Bus („Don’t worry, be hippie“) die Kurierfahrten für Schwarz durchführt. Ihr cholerischer Chef, der dazu neigt, gern mal auf 180 zu sein, wie seine Pulsuhr regelmäßig bestätigt, nennt die beiden bloß „die Biotrottel“, weil sie offenbar etwas unterbelichtet sind: Er macht ihnen weis, die Medikamente seien für ein Kinderhospiz, was er regelmäßig mit Bildern von dankbar in die Kamera winkenden Jungen und Mädchen belegt.