Hat Viktor Orbán sein Blatt überreizt?
Die Welt
Ungarns Premier Viktor Orbán attackiert gern die EU, Kritik ignoriert er. Aber Brüssel steht demnächst eine schärfere Waffe zur Verfügung. Gegenwind bekommt Orbán auch aus einer anderen Hauptstadt und dem eigenen Land – keine guten Vorzeichen für die bald anstehende Wahl.
Die Mitteilung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist knapp, hat dafür aber maximale Wirkung: Am vergangenen Donnerstag empfahl Manuel Campos Sánchez-Bordona dem Gericht, die Klage Ungarns und Polens gegen den EU-Rechtsstaatsmechanismus abzuweisen. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass die Richter des EuGH genau dies tun und die EU-Kommission künftig Ländern Gelder streichen kann, bei denen sie Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit feststellt.
Die Regierung in Budapest würde damit erstmals handfeste Konsequenzen des eigenen Handelns spüren – und zwar finanzieller Art. Die EU-Ebene ist allerdings nicht die einzige, auf der es für Premierminister Viktor Orbán unbequemer wird. Auch international erhöhen sich die Kosten seines autoritären Regierungskurses. Für den Regierungschef droht das zum ernsthaften Problem zu werden, denn es gefährdet den Machterhalt bei der Wahl im Frühjahr.