Hat Afrikas großes Bahnprojekt Verspätung?
DW
Die Afrikanische Union hat große Pläne: Bis 2033 soll ein modernes Eisenbahnnetz wichtige Hauptstädte des Kontinents verbinden. Doch das ambitionierte Projekt braucht Geld, viel Arbeit – und politischen Willen.
In Windeseile saust der "Al Boraq" durch Marokkos Küstenlandschaft. Er ist nach dem magischen Reittier benannt, mit dem der Prophet Mohammed einst von Mekka nach Jerusalem geflogen sein soll. Im modernen Zeitalter "fliegt" Afrikas erster Schnellzug mit 320 Stundenkilometern über die Gleise, die Reise zwischen Tanger und Casablanca dauert nur knapp zwei Stunden.
Mit der Eröffnung 2018 ist für Marokko ein Traum wahrgeworden. Diesen Traum träumt auch die Afrikanische Union (AU) - aber für den ganzen Kontinent. Vor neun Jahren wurde das Megaprojekt "African Integrated High-Speed Railway Network" aus der Taufe gehoben. Bis 2033 soll ein Hochgeschwindigkeitsnetz entstehen, das wichtige Hauptstädte und Regionen verbindet. Bis 2063 sollen noch mehr Verbindungen dazukommen.
Im ersten Teil, dem "Masterplan 2033", seien 19 Verbindungen mit einer Länge von 16.970 Kilometern enthalten, sagt Younes Touitha von der AU-Entwicklungsagentur NEPAD zur DW, "das sind 25 Prozent der Streckenkilometer des Gesamtplans, die in diesem Zeitraum realisiert werden sollen." Bis 2063 sollen 62 weitere Verbindungen folgen, am Ende soll das Gesamtnetz fast 74.000 Kilometer umfassen.
Drei Verbindungen hat die AU als Pilotprojekte ausgewählt: Eine Verbindung zwischen der tansanischen Hafenstadt Dar es Salaam und Ruandas Hauptstadt Kigali, die Strecke zwischen Kampala in Uganda und Bujumbura in Burundi und eine Route zwischen Südafrikas Wirtschaftsmetropole Johannesburg und Walvis Bay in Namibia, die über Botswanas Hauptstadt Gaborone verlaufen wird. Elf andere Projekte sollen möglichst bald einer Machbarkeitsprüfung unterzogen werden.
So steht es zumindest im AU-Aktionsplan, der Anfang 2022 in Kenia vorgestellt wurde. Er verleiht dem Projekt neuen Schwung, aber zunächst hauptsächlich auf dem Papier. Denn die Realität sieht anders aus: Die Hindernisse für den Bau neuer Eisenbahnstrecken in Afrika sind vielfältig: "Sie hängen von der jeweiligen Region oder dem Land ab", sagt Touitha zur DW. "Wenn wir bis 2030 etwa 60 bis 70 Prozent unserer geplanten Ziele umsetzen, dann sind wir gut."