
Griechenland: Wahlkampf könnte zur Schlammschlacht werden
DW
Wird der Abhörskandal zu einem Regierungswechsel in Athen führen? Die Opposition macht Druck, aber die Öffentlichkeit interessiert sich kaum dafür. Meinungsforscher sehen die Regierungspartei vorn.
Griechenland befindet sich bereits mitten im Wahlkampf, obwohl es noch keinen Termin für die Parlamentswahlen gibt. Die Legislaturperiode geht im Juli 2023 regulär zu Ende, doch möglicherweise wird es schon am 9. April zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Dabei stehen zwei Dinge schon jetzt fest: Erstens, die Öffentlichkeit wird keine Antworten auf die offenen Fragen zu dem Abhörskandal bekommen, der immer weitere Kreise zieht. Und zweitens, der Wahlkampf dürfte zu einer Schlammschlacht zwischen der regierenden konservativen Nea Dimokratia und dem linksgerichteten Syriza-Bündnis werden.
Dies wurde während einer dreitägigen Debatte im griechischen Parlament in der letzten Woche deutlich. Ausgelöst wurde sie durch einen Misstrauensantrag von Oppositionsführer Alexis Tsipras am Mittwoch (25.01.2023). Anlass dazu war ein Bericht der Datenschutzbehörde (ADAE) zum Abhörskandal, der Griechenland seit Monaten beschäftigt.
Die Behörde bestätigte, dass der Geheimdienst EYP sowohl Arbeitsminister Kostas Chatzidakis als auch fünf hochrangige Militärangehörige, darunter den Chef des Generalstabs der griechischen Streitkräfte, Konstantinos Floros, abgehört hatte. Bereits Monate zuvor war bekannt geworden, dass auch der Europa-Abgeordnete Nikos Androulakis, Vorsitzender der drittstärksten Partei PASOK, und zwei Journalisten abgehört worden waren.
Auf die Frage nach dem Warum bekamen die Parlamentarier und das griechische Publikum während der Debatte keine Antwort von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Zwar bestritt er die Überwachungen nicht, aber er habe nichts davon gewusst. "Die Justiz wird den Fall klären", sagte Mitsotakis lediglich. Er nutzte die Debatte stattdessen, um lange über die Fehler der Vorgängerregierung zu sprechen und über Skandale, in denen Syriza-Politiker während ihrer Amtszeit 2015-2019 angeblich involviert gewesen seien. Dem Syriza-Vorsitzenden Tsipras warf er vor, angesichts der anstehenden Parlamentswahlen eine politische "Schlammschlacht" anzuzetteln.
Tsipras seinerseits rief das Parlament dazu auf, eine Entscheidung zu treffen, für oder gegen die Demokratie. Er warf Mitsotakis Lügen vor und fragte, wie es sein könne, dass der Ministerpräsident nichts von dem Abhörskandal wisse, obwohl er doch mit seinem Amtsantritt im Jahr 2019 den Geheimdienst zur Chefsache gemacht habe.