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Griechenland: Mit (Voll)-Gas gegen die grüne Wende?
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Bei ihrem Antritt vor knapp vier Jahren versprach die konservative griechische Regierung eine grüne Energiewende. Doch die Umsetzung des Vorzeigeprojekts stockt. Inzwischen setzt Athen sogar wieder verstärkt auf Gas.
Noch raucht es aus einigen Türmen der riesigen Braunkohlekraftwerke in Ptolemaida. Die Region in Nordgriechenland ist geprägt vom Tagebau. Aus riesigen, offenen Löchern in der Erde wird seit den 1950er Jahren Braunkohle gefördert und in den umliegenden Kraftwerken zur Energiegewinnung verbrannt.
Als Kyriakos Mitsotakis mit seiner konservativen Partei Nea Dimokratia im Juli 2019 Ministerpräsident wurde, sollte die grüne Wende in Griechenland zur Staatsräson werden. Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu Sonne und Wind. Doch seit der schmerzlichen Einsicht Europas, dass der Krieg in der Ukraine wohl das mittel- und langfristige Ende der Versorgung mit russischem Erdgas bedeutet, ticken auch die Energieuhren in Griechenland anders. In einem Interview mit dem US-amerikanischen Fernsehsender Bloomberg TV bezeichnete Mitsotakis Griechenland als "Energieknotenpunkt für Flüssiggas", nicht nur für das eigene Land, sondern auch für den Balkan oder Zentraleuropa. "In diesem Sinne wird unsere Rolle für andere Länder sehr wichtig."
Im Februar 2023 wurde in Ptolemaida ein neues Braunkohlekraftwerk eröffnet. Ministerpräsident Mitsotakis sprach von der "strategischen Bedeutung" des Kraftwerks und versicherte, dass das Ende der Braunkohle durch den Krieg in der Ukraine nur kurzzeitig verzögert würde. Der Plan: Das Braunkohlekraftwerk in absehbarer Zeit in ein Gaskraftwerk umzubauen. Mitfinanziert werden die Projekte von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Derweil entstehen in Ptolemaida riesige Felder aus Photovoltaikanlagen und Windparks. Als bestehender Energieknotenpunkt eigne sich die Gegend ideal, da man über die nötige Infrastruktur verfüge, erklärt Sokratis Moutidis. Seit 15 Jahren verfolgt der Lokaljournalist die energiepolitischen Entwicklungen in der Region. Ein großes Problem sei die mangelnde Kommunikation seitens der Regierung und des zuständigen Energieunternehmens. Man sei sich der Notwendigkeit erneuerbarer Energien bewusst, verlange aber Transparenz: "Man wollte von der Regierung eine Landkarte, auf der gezeigt wird, wo genau und in welchem Umfang Photovoltaikanlagen und Windparks errichtet werden sollen. Inzwischen sind hier bereits viele Anlagen gebaut worden, und diese Karte gibt es immer noch nicht."
Die Menschen befürchteten, dass alles mit Solar- und Windanlagen zugepflastert werde, ohne dass sie Einfluss auf die Bauvorhaben nehmen könnten, so Moutidis. Außerdem hätten viele Angst, dass die grüne Wende zwar gut für die Umwelt sei, aber keine Arbeitsplätze schaffe. Die mangelnde Kommunikation von Seiten Athens erhöhe die Angst der Menschen, beim Ende der Braunkohle auf der Strecke zu bleiben.