Grausame Bilder nach russischem Rückzug
ProSieben
Die russischen Truppen ziehen sich aus der Umgebung von Kiew zurück. Nach und nach wird die schreckliche Hinterlassenschaft deutlich. Die Angreifer konzentrieren ihre Offensive jetzt auf den Osten und Süden - auch auf die Hafenstadt Odessa.
Nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew bietet sich ein Bild des Grauens. In der wochenlang heftig umkämpften Vorstadt Butscha im Nordwesten Kiews wurden zahlreiche Leichen entdeckt. Nach ukrainischen Angaben lagen Dutzende Tote auf den Straßen. In einem Massengrab wurden etwa 280 Todesopfer bestattet, die während der Angriffe nicht beigesetzt werden konnten. Die Entdeckungen lösten international Entsetzen aus. Aus Russland gab es zunächst keine Stellungnahme.
In anderen Landesteilen setzten die russischen Truppen ihre Angriffe fort. Ziel war auch die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer. Bei der Evakuierung von Einwohnern der schwer umkämpften und beschädigten Stadt Mariupol ging es nur mit großer Mühe voran. Der Krieg dauert inzwischen schon mehr als fünf Wochen. Im Hintergrund verhandelten die Ukraine und Russland per Videokonferenzen weiter. Konkrete Fortschritte wurden keine bekannt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach am Sonntag von Horrorszenen nach dem Abzug der russischen Truppen aus der Umgebung von Kiew. Auf Twitter verlangte sie eine unabhängige Untersuchung. Zugleich versicherte sie: "Kriegsverbrecher werden zur Verantwortung gezogen." Auf einem Foto, das der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter teilte, waren erschossene Männer zu sehen, mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Die Echtheit konnte nicht unabhängig geprüft werden.
Der britische Sender BBC berichtete in einem Film aus Butscha, dass Bewohner von jungen russischen Wehrpflichtigen auf der Flucht um Hilfe angefleht worden seien. "Dies ist ein Friedhof der russischen Hoffnungen, Kiew einzunehmen", sagte ein BBC-Reporter zu Aufnahmen verkohlter Panzer und anderer Militärfahrzeuge. Er ließ eine Bewohnerin namens Maria zu Wort kommen: "Zum ersten Mal seit 38 Tagen haben wir wieder Brot."
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sagte der "Bild"-Zeitung: "Das, was in Butscha und anderen Vororten von Kiew passiert ist, kann man nur als Völkermord bezeichnen." Für die Kriegsverbrechen sei der russische Präsident Wladimir Putin persönlich verantwortlich. Klitschko forderte: "Für die ganze Welt und insbesondere Deutschland kann es nur eine Konsequenz geben: Kein Cent darf mehr nach Russland gehen, das ist blutiges Geld, mit dem Menschen abgeschlachtet werden."