
Grünen-Politiker Trittin kritisiert eigene Partei für Kompromisse
Die Welt
In der Debatte um Atomkraft sind die Grünen offenbar zu Kompromissen bereit – Ex-Umweltminister Jürgen Trittin kritisiert seine Partei dafür scharf. Auch die Äußerungen des TÜV-Süd-Direktors zum Weiterbetrieb bestimmter Atomkraftwerke stoßen bei ihm auf Unverständnis.
Der Grünen-Politiker, langjährige Fraktionsvorsitzende und frühere Umweltminister Jürgen Trittin hat die Haltung der Münchner Grünen zum „Streckbetrieb“ des Atomkraftwerks Isar II scharf kritisiert. „Was sie dazu motiviert hat, müssen Sie die fragen. Ich kann ihnen sagen, dass – selbst wenn ein Gutachten zum Ergebnis eines hausgemachten bayerischen Problems käme – ich dazu rate, dass dieses bayerische Problem in Bayern gelöst wird. Dafür zu sorgen, dass dort Netzstabilität herrscht, heißt sparen“, sagte er in einem Interview mit dem „Spiegel“. Solche Äußerungen lösten im beginnenden Landtagswahlkampf in Niedersachsen „genervtes Kopfschütteln“ aus, sagte Trittin weiter. Trittins Äußerungen vorausgegangen war eine Debatte über die Frage, ob das Kraftwerk Isar II übers Jahresende hinaus betrieben werden könnte. Die Grünen-Abgeordnete und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckart hatte sich für einen Streckbetrieb ausgesprochen – etwa wenn die Versorgung von Krankenhäusern gefährdet ist. Trittin hält von von diesen Überlegungen jedoch nichts.
Die Äußerungen seiner Parteikollegin kritisierte er scharf: Eine Familien- und Sozialpolitikerin müsse wissen, sagte er, dass es in jedem Krankenhaus, und in den großen Münchener Kliniken, Notstromaggregate für plötzliche Stromausfälle gebe.Zu den Äußerungen des Direktors des Prüfungsunternehmens TÜV-Süd, Joachim Bühler, wonach auch die Atomkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen weiterbetrieben werden könnten, sagte Trittin, dass nicht mal die Betreiber behaupteten, diese drei Kraftwerke würden dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. „Die gutachterlichen Qualitäten des TÜV-Süd kann man in Brasilien sehen, als er einen Damm für sicher erklärte, der später einstürzte. 270 Menschen sind dabei gestorben“, so Trittin zum „Spiegel“.