Gigantischer Unterwasser-Vulkan im Mittelmeer: Bedroht der Marsili Europa?
Frankfurter Rundschau
Im Mittelmeer, kaum 100 Kilometer vor der Küste Kalabriens, liegt der größte Vulkan Europas. Welche Gefahr geht vom Marsili aus?
Neapel – Der Ausbruch des unterseeischen Vulkans Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai im Pazifik hatte im Januar eine gigantische Wolke aus Asche und Gas wie einen Atompilz kilometerweit in die Höhe geschleudert. Mit verheerenden Folgen für Tonga: Ernten wurden durch den Ascheregen zerstört und Trinkwasservorräte teilweise ungenießbar gemacht. Der Sender Radio New Zealand berichtete, es gebe die Sorge, dass viele Menschen in dem Südsee-Staat ein psychisches Trauma durch das Erlebte davongetragen hätten.
Auch im Mittelmeer, rund 450 Meter unter Wasser, ruht ein Unterwasser-Vulkan gigantischen Ausmaßes: Der Marsili bedeckt vor der Küste Italiens eine Fläche von 2100 Quadratkilometern und gilt als größter aktiver Vulkan Europas.
Der emeritierte Geophysiker Birger-Gottfried Lühr vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam erklärt gegenüber Travelbook: „Auch wenn im Bereich des Marsili kleinere Erdbeben im Magnitudenbereich 2 bis 3 beobachtet werden, gibt es, wie auch für den Eifel-Fall, keine Anhaltspunkte, die auf eine Eruption in nächster Zeit hinweisen.“ Die letzten größeren Eruptionen des Unterwasser-Vulkans im Mittelmeer sollen 3000 bis 5000 Jahre zurückliegen. Das hätten geologische Analysen gezeigt.
Sollte es jedoch soweit kommen, dass der Marsili rund 100 Kilometer vor der Küste Kalabriens ausbricht, könnten die Auswirkungen durchaus deutlich sein. Dafür bräuchte es keine riesige Aschewolke wie beim Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai – Nasa-Foscher sprachen hier von einer Sprengkraft von zehn Megatonnen TNT – im Pazifik: „Ich weiß von Unterwassereruptionen bei den Azoren, bei denen große Lavabrocken, die aufgrund mit Gas gefüllter Poren für einige Zeit dicht unter der Wasseroberfläche schwimmen können und somit für Schiffe sehr gefährlich sein können.“ Für die Region rund um Neapel bestünde zudem die Gefahr eines Tsunamis. Auch der Fischbestand vor Ort könnte in Mitleidenschaft gezogen werden.
Auch wenn der unterseeische Marsili keinen akuten Grund zur Sorge zu liefern scheint, erklärt Lühr mit Blick auf Vulkane und die Auswirkungen von großen Eruptionen: „Die Menschheit hat nur Glück gehabt in den letzten 200 Jahren.“ (Florian Dörr)