Georg-Büchner-Preis für Clemens J. Setz: Ulklären und aeigen
Frankfurter Rundschau
Im „Metaversum“: Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vergibt in Darmstadt ihre Auszeichnungen und ehrt Büchnerpreisträger Clemens J. Setz sowie Franz Schuh und Hubert Wolf.
Es hat einen symbolischen Gehalt, dass die Pferde von Elberfeld, die im Bewusstsein der Großmutter – vor allem durch Maurice Maeterlincks „Der fremde Gast“ und die Verschlingungen von Psychologie, Wissenschaft und Okultismus – eine so große Rolle spielten, jetzt bei Clemens J. Setz wieder auftauchten. Sie sind zu anregend, zu ungereimt und zu sehr mit Sprache verbunden, um seiner Aufmerksamkeit auf Dauer zu entgehen, und sie warten ohnehin wie jedes wirklich interessante einstige Trendthema auf jeweilige Wiedervorlage.
Die Wiedervorlage in der Rede, die der 38-jährige Österreicher nun angesichts der Verleihung des Georg-Büchner-Preises im Staatstheater Darmstadt hielt, war von Zartheit geprägt, der Zartheit (und zarten Ironie), wie Sprache als Verständigungsmittel funktionieren kann, wie Missverständnisse poetisch sein können, wie Bescheidenheit in der Kommunikation kein Nachteil sein muss, sondern vielleicht sogar in den Kern der Poesie führt.
Setz ging von dem dressierten Pferd in der Jahrmarktszene im „Woyzeck“ aus, „es kann rechnen und kann doch nit an de Finger herzählen, warum? Kann sich nur nit ausdrücke, nur nit explizieren, ist ein verwandelter Mensch!“ Das habe ihn immer fasziniert, erst 2018 sei er dann auf Karl Kralls Buch „Denkende Tiere“ (1912) gestoßen, in der die mittels Klopfzeichen Rechenergebnisse und Buchstaben kommunizierenden Pferde, mit denen Krall arbeitete, vorgestellt wurden. Ihnen überließ Setz das Feld, und ihren einerseits ulkigen, andererseits von Krall liebevoll interpretierten Äußerungen.