Genozid in China: Millionen Uiguren und andere Minderheiten interniert und gefoltert
Frankfurter Rundschau
In chinesischen „Umerziehungslagern“ werden Hunderttausende Menschen gefoltert, vergewaltigt, erniedrigt und getötet. Eine Geflohene erzählt ihre Geschichte.
Sayragul Sauytbay ist Muslimin kasachischer Abstammung. Das alleine reichte den chinesischen Behörden aus, um die Lehrerin in ein Internierungslager zu sperren. Um ihr einen schwarzen Sack über den Kopf zu ziehen und praktisch aus dem Schlafzimmer in ein sogenanntes Umerziehungszentrum zu verfrachten. In ein Lager, in dem Zwangssterilisation, Folter und Menschenversuche an der Tagesordnung sind. Wie Sayragul Sauytbay soll es nach verschiedenen Angaben zwischen rund 1,5 und drei Millionen Menschen in China ergangen sein, die meisten von ihnen Uiguren.
Die Uiguren sind eine turksprachige Ethnie, die meisten von ihnen leben im Gebiet des ehemaligen Turkestans. Vor allem in der heute chinesischen Region Xinjiang, in der die Autonomie der uigurischen Minderheit offiziell geduldet ist. Die meisten der nach Schätzungen rund 15 Millionen Uiguren leben heute im Tarim-Becken, das im Süden Xinjiangs liegt. Seit 1949 schraubten die Machthaber in China den Prozentsatz der sogenannten Han-Chinesen in Xinjiang mit einer aggressiven Siedlungspolitik von 5 Prozent auf 40 Prozent und gingen 2017 dazu über, mit weiteren Repressalien gegen die fast ausschließlich muslimische Minderheit im eigenen Land vorzugehen.
Das musste auch Sayragul Sauytbay erleben, die sich nach einigem Zögern dazu bereiterklärte, der israelischen Tageszeitung Haaretz von dem Leid zu erzählen, das sie selbst im Lager erfahren musste. In welchem Lager sie genau war, hat sie nie erfahren. Genauso wenig, warum sie es nach rund einem Jahr wieder verlassen durfte. Und auch nicht, welches Verbrechen genau sie begangen haben soll, um nur kurze Zeit darauf erneut interniert werden zu sollen. Sayragul Sauytbay entschied sich für die Flucht.