Gelähmte Führung
Frankfurter Rundschau
Die Kritik an der Politik in der Corona-Pandemie wächst. Bei den Verantwortlichen in den Regierungen lassen sich viele Eigenschaften ausmachen, die schlechtere Manager von ihren Spitzenkollegen unterscheiden
Dass unsere Politiker in der Pandemie keine glückliche Figur abgeben, ist unstrittig. Das meint nicht ihr aufrechtes Bemühen um Leib und Leben der Bürger, das auch die kritische Bevölkerung anerkennen sollte. Denn ihr Job ist ziemlich kompliziert unter extremen Umständen, und wir sollten bedenken, dass sie bereits dann Entscheidungen treffen müssen, wenn selbst die Wissenschaft noch uneins ist. Diese indes kann sich auf ihre Natur berufen, über Vermutung, Irrtum und wieder von vorn nur schrittweise schlauer zu werden. Die Regierung und ihre Administration haben diesen Luxus nicht.
Dazu kommt die unerfreuliche Tatsache, dass inzwischen jeder nicht nur meint, ein besserer Fußballbundestrainer zu sein, sondern sich ebenso für einen begnadeten Virologen, Epidemiologen, Aerosol-Experten, Medizinstatistiker und mehr hält, nur weil er die stark verkürzenden Kommentare der bevorzugten Publikationen maximal ansatzweise verstanden hat.
Dennoch muss man die eingeschränkte Fähigkeit der Verantwortlichen kritisieren, in der Krise nachvollziehbar zu führen und sie mit dem möglichen Geschick zu managen. Bei Licht besehen finden wir eine Menge Eigenschaften, durch die sich auch schlechtere Manager von ihren Spitzenkollegen unterscheiden: Kompetenzgerangel, Prioritätenwirrwarr, Profilierungsdrang, Wankelmütigkeit, Sturheit, Eigensinn, Rechthaberei und andere Aspekte der „dunklen Seite der Macht“, die auch Firmen das Leben schwer machen.
Wir dürfen demnach davon ausgehen, dass ein Teil der aktuellen Proteste auf die Kappe vielerlei Unzulänglichkeiten der politischen Schiffsbrücke geht. Dabei sind die Ähnlichkeiten mit der freien Wirtschaft augenfällig. Die Lage wirkt wie ein schlingerndes Unternehmensschiff, auf dem Kapitän und Offiziere die nötige Führungsstärke vermissen lassen. Jetzt murrt ein Teil der Mannschaft, und Angst vor einer Meuterei lähmt die Führungscrew noch mehr.
Es bleibt nur abzuwarten, welche der Gemeinten in Kürze entnervt ihren Hut nehmen und einen lukrativen Job in einem Aufsichtsrat übernehmen werden. Soll uns das freuen? Vermutlich nicht, denn auch da können sie ziemliches Unheil stiften, das anderen schadet. Lasst zumindest das mal lieber die gestandenen Manager machen!