Geier-Restaurants in Nepal
DW
Geier haben seit Langem ein Imageproblem. In Nepal standen sie kurz vor der Ausrottung. Dann fanden Naturschützer einen Weg, mithilfe der früher gefürchteten Vögel die Wirtschaft einer ganzen Region anzukurbeln.
Jeewan Magar hebt seinen blutbesprenkelten Arm und zeigt auf einen Bengalgeier, der über ihm kreist. "Ich höre oft, dass die Leute Geier mit Verwesung und Tod assoziieren", sagt er. "Aber nachdem ich nun fast ein Jahrzehnt mit den Geiern verbracht habe, halte ich sie für wertvolle und kluge Geschöpfe. Wenn du sie mit Respekt behandelst, werden auch sie dir im Gegenzug Respekt und Zuneigung entgegenbringen."
Magar hat gerade eine tote Kuh gehäutet. Er schleppt den Kadaver auf eine Waldlichtung und zieht sich dann in eine wenige Meter entfernte Hütte zurück, um das Schauspiel zu beobachten, das nun folgt. Mit Zischen und Kreischen erwacht Leben in den hoch aufragenden Baumwollbäumen, als sich mehrere hundert Geier auf die Mahlzeit stürzen. Eine halbe Stunde später ist der Kadaver so gut wie verschwunden.
In Pokhara, einer Stadt im Gahachowk-Tal, das sich durch Ausläufer des Himalaya zieht, befindet sich eines von sieben "Geier-Restaurants" in Nepal, die von der Gemeinde betrieben werden. Sie tragen zur Renaissance eines in Verruf geratenen Greifvogels bei, der beinahe ausgerottet worden wäre.
In den 1990er Jahren brachen die Geierbestände in Nepal und auf dem gesamten indischen Subkontinent ein. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten war die Population von vier der neun Geierarten dramatisch geschrumpft: die der Bengal-, Schmalschnabel-, Lappen- und Langschnabelgeier. Wissenschaftler machten das Medikament Diclofenac dafür verantwortlich. Das entzündungshemmende Mittel wird zur Behandlung von Rinderkrankheiten eingesetzt und kann für Aasfresser, die sich von den Kadavern ernähren, tödlich sein. Die nepalesische Regierung reagierte, indem sie Diclofenac im Jahr 2006 aus dem Verkehr zog. Naturschützer jedoch forderten weitere Maßnahmen, um den Greifvögeln zu helfen.
Der Unternehmer Dhan Bahadur Chaudhary richtete mit Hilfe der Nichtregierungsorganisation Bird Conservation Nepal (BCN) in Pithauli das erste Geier-Restaurant des Landes ein. Das kleine Dorf befindet sich am Rande des Chitwan-Nationalparks. "Die Idee ist, dass die Geier im Reservat chemiefreie Rinderkadaver fressen können", sagt Chaudhary.