Geheime Milliardendeals: Schweizer Rohstoffhandel füllt Putins Kriegskasse
DW
Der Krieg in der Ukraine bringt ein Schweizer Geschäftsmodell ins Blickfeld, das auf dem Prinzip des "Wegschauens" basiert. Den Rohstoffhandel. Mit ihm werden Milliarden umgesetzt - woran auch Russland verdient.
Die Schweiz ist dafür bekannt, ein wichtiges Finanzzentrum zu sein. Weniger im Blickpunkt, aber viel bedeutender ist jedoch der Rohstoffhandel. Gerade die Schweiz - ein Land fernab großer Handelsrouten, ohne Zugang zum Meer, ohne ehemalige Kolonialgebiete und ohne nennenswerte eigene Rohstoffe - ist eines der weltweit wichtigsten Handelszentren für Rohstoffe. "Die Branche hat in der Schweiz deutlich mehr Anteil am Bruttoinlandsprodukt als der Tourismus oder die Maschinenindustrie," sagt Oliver Classen von der Nichtregierungsorganisation Public Eye.
Ganz im Verborgenen werden hier gewaltige Umsätze gemacht. Das über die Schweiz abgewickelte Handelsvolumen wird auf knapp 1000 Milliarden Dollar geschätzt, so ein Bericht der Regierung in Bern von 2018. Die fünf nach Umsatz größten Schweizer Firmen sind nicht Banken oder Pharmafirmen, sondern Rohstoffhändler. Die meisten der 900 Unternehmen, die im Rohstoffhandel aktiv sind, sitzen in Genf, Zug oder Lugano.
Rund ein Drittel des weltweit gehandelten Erdöls wird in Genf ge- und verkauft. Ebenso werden in der Schweiz zwei Drittel des weltweiten Handels mit sogenannten unedlen Metallen wie Zink, Kupfer oder Aluminium und zwei Drittel des international gehandelten Getreides abgewickelt. Davon profitiert auch Russland. Etwa 80 Prozent der russischen Rohstoffe werden über die Schweiz vertrieben, so ein Bericht der Schweizer Botschaft in Moskau. Damit fließt auch russisches Öl und Gas quasi über Schweizer Schreibtische.
Die Öl- und Gasexporte sind die Haupteinnahmequelle Putins. Sie machen zwischen 30 und 40 Prozent des russischen Staatshaushalts aus. Allein mit Ölexporten haben russische Staatskonzerne 2021 rund 180 Milliarden Dollar verdient. Geld, dass nun in den Krieg fließen kann.
Die Schweizer Rohstoffhändler würden weiterhin wegschauen, was der russische Staat mit diesem Geld macht, beklagte Angela Mattli von der Nichtregierungsorganisation Public Eye in einer Rede anlässlich der Friedensdemo in Bern. Und das "ganz legal im Rahmen der Schweizer Gesetzgebung, deren Lücken für Rohstoffhändler sperrangelweit offenstehen."