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Geflüchtete aus Afghanistan: Solidarität statt Abwehr
Frankfurter Rundschau
Afghanistan bleibt eine deutsche Angelegenheit. Gut, dass die Nachkommen der Eingewanderten heute mitreden.
Kabul – 2015 soll sich nicht wiederholen.“ Ich will den problematischen Ausspruch von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, gefolgt von FDP-Chef Christian Lindner kurz nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul eigentlich nicht weiter ausschlachte, und doch ein Wort dazu: Sätze wie diese sind wie Brandbeschleuniger für eine wachsende „Kultur der Abwehr“ die Soziologen aus Bielefeld bereits festgestellt haben. Aber ja, 2015 darf sich auf keinen Fall wiederholen, weil es die Hölle für die Menschen war, die geflohen sind. Gerade jetzt ist diese Perspektive doppelt bitter. 20 Jahre war Deutschland in Afghanistan im „Stabilisierungseinsatz“, gab dem Land das Versprechen, es in die Demokratie zu führen. CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach bei ihrem Antrittsbesuch in Afghanistan 2019 von einem gut überlegten Einsatz, der eher ein gut gemeinter war. Denn Strukturaufbau war der Plan ohne Plan. Dafür sind jetzt afghanische Frauen die Statistinnen in einem Trauerspiel einer misslungenen Militäraktion. Mit dem viel zitierten Satz „weiße Männer wollen braune Frauen vor braunen Männern schützen“, kritisierte die Literaturwissenschaftlerin Gayatri Spivak bereits in den 80ern die Haltung, dass der moderne Westen sich als Hüter der Frauenrechte verkauft. Mir liegt es fern, die frauenverachtende Politik der Taliban herunterzuspielen, aber die Retter aus dem Westen sind mir auch nicht geheuer. So verlaufen auch in Afghanistan die Konflikte nicht einfach binär zwischen Mann und Frau. Es gibt die Taliban und viele andere Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Islamvorstellungen, auch mit Afghanen, die sich wehren. Die neben all den Künstlerinnen und Menschenrechtsaktivistinnen um ihre Leben fürchten, deren Väter, Brüder und Freunde sie sind. Und dass die „westlichen Werte“ auch nicht das Nonplusultra sind, zeigt alleine schon der Kontrast zur Realität sterbender Geflüchteter im Mittelmeer und zu den Politiken äußerer Sicherheit.More Related News