Gangster in gebügelten Uniformen
Süddeutsche Zeitung
Sie machen es wie früher. Sie drangsalieren und foltern, sie lassen ihre Soldaten schießen und morden. Doch mit einem haben die Generäle in Myanmar offenbar nicht gerechnet.
Myanmars Armee, Tatmadaw genannt, ist eine große Truppe. General Min Aung Hlaing befehligt nach Schätzungen von Experten mehr als 300 000 Soldaten. Als er in der Nacht zum 1. Februar 2021 putschte, würgte er abrupt ein Jahrzehnt zaghafter Demokratisierung ab. Die demokratisch legitimierte Regierung unter Aung San Suu Kyi wurde entmachtet, sie selbst kam in Haft. Aber wie groß sind die Chancen für den General, die politische Kontrolle der Armee auf Dauer zu festigen? Der Bürgerkrieg jedenfalls eskaliert seither.
Sicher ist: Die Zahl seiner Gegner ist seit dem Coup sprunghaft angestiegen. Kämpfte die Armee früher gegen aufständische ethnische Minderheiten an den Rändern des Staates, so haben sich die Fronten inzwischen vervielfacht: Alle, die sich gegen den Militärputsch stemmen, gelten dem Regime als "Terroristen", sie werden gejagt, gefoltert, getötet. Die Generäle bombardieren die eigene Bevölkerung, ob bewaffnet oder unbewaffnet, scheint dabei kaum noch eine Rolle zu spielen. Wer es am ersten Jahrestag des Putsches wagen sollte, auch nur auf Töpfe zu schlagen als Zeichen des Protests, dem droht die Junta mit lebenslanger Haft.
Menschenrechte
Verbrechen gegen die Menschlichkeit können heute überall auf der Welt geahndet werden - so wie kürzlich beim Prozess gegen einen syrischen Folterer in Koblenz. Doch das Weltrechtsprinzip schafft ein Dilemma: Despoten, denen keine Exit-Strategie bleibt, klammern sich möglicherweise umso verbissener an die Macht. Von Frank Nienhuysen, Arne Perras und Dunja Ramadan
Die Armee begeht schwere Verbrechen, muss sich aber wenig Sorgen machen, dass ihr eine Intervention von außen drohen könnte. Die Ukraine-Krise saugt alle Aufmerksamkeit auf, und schon zuvor war weltweit wenig Wille zu spüren, militärisch in Myanmar einzugreifen. Die Nachbarländer sind zerstritten, der Druck von außen scheint für die Generäle beherrschbar zu sein, solange Russland Waffen liefert und China Handel ermöglicht.