Frisierte Meinungen für den Machterhalt
Frankfurter Rundschau
Gegen populistische Blender helfen Faktencheck, journalistische Recherchen und mutige Whistleblower.
Man stelle sich vor, es gibt Wahlen und niemand hat einen blassen Schimmer, wie sie ausgehen. Alle würden schön für sich behalten, für wen er oder sie stimme. Das Ergebnis wäre so überraschend wie eine Wundertüte. Auch für uns könnte da was drin sein, dachten ich und meine beste Freundin, mit der ich die Schulbank in der Sexta drückte, als wir bei der ersten Klassensprecherwahl uns gegenseitig auf den Stimmzettel schrieben. Umso peinlicher, dass am Ende hinter unseren Namen auf der Schultafel jeweils ein einzelner Strich stand.
Wir waren zehnjährige Landeier mit nur vager Vorstellung von Demokratie. Aber die Lektion, dass Mehrheiten nicht vom Himmel fallen, hatten wir verstanden. Popularitätswerte entschieden sich eher auf dem Pausenhof.
In der politischen Willensbildung, daran haben wir uns längst gewöhnt, übernimmt die Demoskopie das Ranking. Dank ihr erfahren wir schon lange vor der Auszählung am Wahlabend, welche Partei im Aufwärts- oder Abwärtstrend liegt, wer die größte Publikumsgunst genießt, beziehungsweise für wen und welche Koalitionen es knapp werden könnte.