Freiwillige in der Ukraine: „Vielleicht kehre ich nie mehr zurück“
Frankfurter Rundschau
Tausende Europäer sollen als freiwillige „Legionäre“ in der Ukraine kämpfen – was treibt sie an?
Es war ein Sonntag, als Florent Coury beschloss, in den Krieg zu ziehen. Er hörte an diesem 27. Februar gerade den Appell des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die Ukraine gegen die russische Attacke zu unterstützen. In dem 39-jährigen Franzosen begann es daraufhin zu rumoren. Und es hörte erst auf, als er seiner Frau am Abend sagte, er werde Richtung Ukraine losziehen. Schon am Montag danach kontaktierte er die ukrainische Botschaft in Paris. Sie sucht auf ihrer Webseite Gaben, Geldspenden und Freiwillige, die „bereit zum Kämpfen“ sind.
Noch in der gleichen Woche war Coury im Einsatz, wie er am Handy erzählt. Wo er gerade ist, sagt er nicht. Dafür erzählt er bereitwillig, dass er über keine militärische Erfahrung verfüge – „wie die Spanienkämpfer der Dreißiger Jahre gegen die Franco-Diktatur“.
Der auf Fotos athletisch wirkende Familienvater führte bisher ein rundum normales Leben: Personalmanager in einer Renault-Fabrik, Macron-Wähler mit leichter Linksneigung, verheiratet, drei Kinder, denen er abends Rittergeschichten erzählt. Am Sonntag hatte er seinen Kindern dann erzählt, er gehe zu den ukrainischen Rittern. Die seien sehr mutig, aber sie bräuchten Hilfe.
20 000 internationale Kämpfer sollen sich laut dem ukrainischen Außenministerium für den Kriegsdienst gemeldet haben. Die US-Geheimdienste gehen eher von 5000 bis 6000 Legionären aus.
Coury nahm in Polen nach einer zweitägigen Anreise einen Bus, der Flüchtlinge aus der Ukraine gebracht hatte und leer zurückfuhr. Im Westen der Ukraine begann der Renault-Mitarbeiter eine einwöchige Ausbildung in der von Selenskyj aufgestellten „internationalen Legion“. Die privaten Instruktoren waren englischer Sprache; Themen waren Taktik, medizinische Hilfe und Waffengebrauch. Coury kam in die Brigade der „georgischen nationalen Legion“, die seit 2014 im Separatistengebiet Donbass für die Ukraine kämpft.