Frauen in Afghanistan: Zurück ins Dunkel des Schleiers
DW
Die jüngste Anordnung der Taliban zur Verschleierung ist ein weiterer Rückschlag für Frauenrechte in Afghanistan. Dessen Journalistinnen sind empört.
Die TV-Journalistin Farida Sial ist wütend und enttäuscht. Die Welt schaue tatenlos zu, wie sie und ihre Kolleginnen Tag für Tag stärker unter Druck gesetzt werden und ihre Rechte verlieren, sagt sie im Gespräch mit der DW. "Es werden Statements veröffentlicht, in denen die Taliban verurteilt werden. Was sollen wir damit anfangen? Was für einen Nutzen bringt uns das?" Wie die Taliban mit Frauen umgehen würden, sei doch von Anfang an klar gewesen, empört sich Farida. Sie arbeitet für den größten afghanischen Privatsender Tolo News.
Farida gehört zu den wenigen Journalistinnen, die noch in Afghanistan arbeiten. Viele von ihren Kolleginnen haben ihren Job aufgeben; wer konnte, hat das Land verlassen. Bereits vor der Machtübernahme der Taliban gehörten Journalistinnen zu den am meisten gefährdeten Gruppen in Afghanistan. Seit knapp einem Jahr sind eben jene die Extremisten an der Macht, die zuvor gezielt Anschläge auf sie verübten, und sie schränken die Rechte von Frauen kontinuierlich ein.
Anfang Mai erließ Taliban-Anführer Hibatullah Achundsada eine Anordnung, der zufolge sich Frauen und insbesondere Behördenmitarbeiterinnen nur noch vollverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen sollen, wobei "vollverschleiert" Augen- und Stirnpartei (bislang) nicht einschließt. Seit einer Woche gilt diese Anordnung auch für Farida und ihre Kolleginnen; während ihrer Arbeit vor der Kamera müssen sie einen Gesichtsschleier oder Corona-Masken tragen, die nur noch ihre Augen sichtbar lassen. Der Sender soll nach eigenen Angaben alle Journalistinnen versetzen oder entlassen, die sich weigern, ihr Gesicht zu verschleiern.
Aus Solidarität mit den Moderatorinnen trugen männliche Journalisten und Mitarbeiter von Tolonews für einen Tag in den Büros ebenfalls Gesichtsmasken.
Private und lokale TV-Sender hätten lange mit der Taliban-Regierung verhandelt, um eine generelles Arbeitsverbot für Moderatorinnen und Reporterinnen zu verhindern, ist aus eingeweihten Kreisen zu erfahren. Eine Quelle, die nicht genannt werden möchte, bestätigt im Gespräch mit der DW, dass die Taliban nur unter der Bedingung zugestimmt hätten, dass TV-Journalistinnen vor der Kamera ihr Gesicht mit Ausnahme der Augen bedecken. Die Anweisung dazu kam vergangenen Samstag aus dem Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters.