Frauen andie Macht
Frankfurter Rundschau
Um mehr Frauen im Fußball zu fördern, müssen die Blockaden weg, und dazu gehören gewaltige strukturelle Veränderungen auf präsidialer Ebene.
Es gibt gewiss nicht viele aus der Funktionärsriege beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), die am Freitag im Bonner Kongresszentrum donnernden Applaus verdienen. Gerade die Spitzenämter umweht ein fast schon fauler Geruch von Machenschaften, die wohl auch damit zu tun haben, dass hier noch immer eine Männerwelt regiert. Umso bedeutender ist es ja, dass Hannelore Ratzeburg hier über viele, viele Jahre als einzige Vizepräsidentin mitgeredet hat. Anfangs als renitente Briefschreiberin aufgefallen, die unbequeme Fragen einreichte, war die 70-Jährige wohl die hartnäckigste Funktionärin, die der deutsche Fußball je hatte, um für die Belange kickender Mädchen und Frauen einzutreten. Nun fällt für die bislang einzige Frau im DFB-Präsidium – im Schatten der nicht endenden Grabenkämpfe – der Vorhang. Und es stellt sich die Frage, wie endlich auf oberster Ebene mehr Frauen ankommen können, um die skandalträchtigen Zeiten zu beenden.
Nachdem der DFB schnell einer Doppelspitze aus Mann und Frau mit Verweisen auf die Satzung eine fadenscheinige Absage erteilte, führen beide Kandidaten, Peter Peters und Bernd Neuendorf, immerhin je eine Frau in ihrem Schattenkabinett. Peters hatte sich früh auf Silke Sinning festgelegt. Die 52-jährige Professorin für Sportpädagogik und –didaktik hat mehr als zwei Jahrzehnte Gremienarbeit hinter sich, gehört seit einem Jahrzehnt dem DFB-Ausschuss Frauenfußball an und hat festgestellt: Das Beharrungssystem der Männer ist sehr groß. Gerade auf ehrenamtlicher Ebene schieben sich der Männer immer noch die Posten zu, sagt Sinning. Sie ist sicher, dass es genügende Frauen mit Expertise auf Kreis-, Verbands- oder Landesebene gebe.
Sie selbst hat am eigenen Leib die vergangenen Tage erfahren, wie leicht eine Frau zwischen alle Mühlsteine geraten kann – gerade dann, wenn sie noch über den Süddeutschen Verband mit dem ominösen Strippenzieher Rainer Koch verbunden ist. Sinning plädiert dringend für mehr Diversität im größten deutschen Einzelsportverband. Es wirkt ein bisschen verlogen, zwar eilig den Posten für Diversität und Gleichstellung für eine Frau zu reservieren, wenn in den wichtigsten Ämtern vieles beim Alten bleibt. Neuendorf hat nun Celia Sasic als Kandidatin berufen. Die 33-jährige Nationalstürmerin, die mit nur 27 Jahren ihre aktive Karriere zugunsten der Familie beendete, ist eine starke Persönlichkeit, aber ihre sehr späte Benennung wirkt wie eine Beruhigungspille für eine Kritiker.
Um mehr Frauen im Fußball zu fördern, müssen die Blockaden weg, und dazu gehören gewaltige strukturelle Veränderungen auf präsidialer Ebene. Es kann nicht sein, dass eine fähige Anwärterin erst einen großen Regionalverband leiten muss, um wirklich an die Schalthebel der Macht zu kommen. Wer im DFB etwas bewegen will, braucht Mut und Durchhaltevermögen – und die Bereitschaft, sich innerhalb dieses Verbandes zu behaupten. Diesen Weg müsste wohl oder übel auch die Frauen-Initiative „Fußball kann mehr“ mit einer Kandidatin gehen, um wirklich Veränderungen anzustoßen. Hannelore Ratzeburg hat als Vorbild deshalb auch nach ihrem Abgang noch lange nicht ausgedient.