Frankreich wählt neuen Präsidenten
ProSieben
Frankreichs Bevölkerung schreitet zur Wahlurne, um ein neues Staatsoberhaupt zu bestimmen. Experten erwarten ein knappes Rennen.
Regiert in Frankreich fünf weitere Jahre Emmanuel Macron oder gibt es einen Umbruch - nach einem Wahlkampf im Schatten des Ukraine-Kriegs geht die französische Präsidentschaftswahl am Sonntag in die erste Runde. Erst sah es nach einem Durchmarsch des Mitte-Politikers Macron in die Stichwahl mit Abstand vor allen Mitbewerbern aus. Nun ist ihm seine Hauptkonkurrentin, die Rechte Marine Le Pen, in Umfragen gefährlich nahe gerückt. Das sagt zwar noch nichts über den letztendlichen Ausgang der Abstimmung in der Stichwahl in zwei Wochen aus. Aber in Berlin, Brüssel und der Wirtschaftswelt möchte man sich nicht ausmalen, dass eine rechte Nationalistin das Ruder im wichtigen Partnerland übernimmt.
Der 44-jährige Macron, der 2017 als politischer Jungstar Frankreich verzauberte und im Senkrechtstart in den Élyséepalast einzog, nahm trotz durchaus heftigen Gegenwinds, etwa von "Gelbwesten" oder Impfgegnern, entspannt Anlauf auf eine zweite Amtszeit. Die übrigen politischen Lager schickten niemanden ins Rennen, der ihm von Profil oder Programm gleich gefährlich wurde. Lange - und wie sich nun zeigt zu lange - zögerte Macron die Ankündigung seiner Kandidatur hinaus, beließ es bei wenigen Wahlkampfauftritten und setzte kaum inhaltliche Akzente.
Zwar gab ihm sein diplomatisches Bemühen im Ukraine-Konflikt in den Umfragen Auftrieb. Seine Prozente bröckelten aber mit Dauer des Kriegs und dem Spürbarwerden der wirtschaftlichen Folgen. Seine größten Stärken dürften derzeit die Schwächen seiner meisten Gegner und das Versprechen von Stabilität sein. Dabei hat er auch klare Erfolge am Arbeitsmarkt sowie ein robustes Durchstarten der französischen Wirtschaft nach der Corona-Krise vorzuweisen.
Unterdessen war die 53-jährige Langzeitpolitikerin Le Pen vom Rassemblement National schon lange vor der Wahl um ein gemäßigteres Auftreten bemüht und trieb so die "Entteufelung" der von ihrem Vater gegründeten und lange als rechtsextrem verorteten Partei voran. Ihr Ziel dabei war, auch für Schichten in der Mitte wählbar zu werden. Dabei spielte ihr der extrem rechte Politikneuling Éric Zemmour in die Karten, der sie zunächst in Umfragen überrundete. Während Zemmour mit zunehmend radikalem Gebaren verstörte, wurde Le Pen gleichsam zur wählbaren Alternative des Extremisten. Und während dieser weiter über Migration redete, schwenkte Le Pen in der Krise instinktiv auf das drängende Thema Kaufkraft um - ein Volltreffer.