Frankreich und Deutschland uneins auf dem EU-Gipfel
DW
Die Preise für Energie müssen runter, fordert Kanzler Scholz auf dem Gipfel. Nur wie? Darüber herrscht mit Paris kein Einvernehmen. Das macht EU-Beschlüsse schwer. Bernd Riegert aus Brüssel
Der Vorsitzende der Gipfelrunde, EU-Ratspräsident Charles Michel, hat die 27 Staats- und Regierungschefs und -chefinnen, noch einmal zu Eile und klaren Entscheidungen gemahnt, um die Preis- und Energiekrise in diesem Winter zu meistern. Aber die Chancen dafür stehen nicht gut, denn die beiden wichtigsten Staaten der EU, Deutschland und Frankreich, sind sich bei der Energiepolitik uneins.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist gegen einen strikten Deckel beim Gaskauf auf dem Weltmarkt; der französische Präsident Emmanuel Macron ist dafür. Und das ist nur einer der Streitpunkte zwischen Paris und Berlin, die nicht rechtzeitig für die Regierungskonsultationen ausgeräumt werden konnten, die für nächsten Mittwoch geplant waren. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit bestätigte, dass die jährliche gemeinsame Sitzung der beiden Kabinette wegen inhaltlicher Unstimmigkeiten und anhaltenden Abstimmungsbedarfs verschoben werden müsse. Allerdings spielten auch terminliche Gründe eine Rolle, wie der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte.
Wenn die beiden größten EU-Staaten sich nicht einig sind, ist das kein gutes Omen für das Gipfeltreffen in Brüssel. Immerhin trafen sich Olaf Scholz und Emmanuel Macron zu einem vertraulichen Gespräch vor Beginn des großen Gipfels. Macron hatte zuvor erklärt, er habe Vertrauen in die deutsch-französische Zusammenarbeit, kritisierte aber auch vermeintliche Alleingänge Deutschlands in der Energie- und Rüstungspolitik. Außerdem missfällt dem Franzosen, wie vielen anderen EU-Staaten, dass die Bundesregierung allein für seine Bevölkerung 295 Milliarden Euro an Beihilfen und Schutzschirmen mobilisieren will. Hilfspakete in Frankreich fielen bescheidener aus, was zu Wettbewerbsverzerrung in der EU führe.
Deutsche Regierungsbeamte wiesen die Kritik als überzogen zurück und warfen Frankreich vor, das Pipeline-Projekt Midcat zwischen Spanien und Deutschland aus eigenen wirtschaftlichen Interessen zu blockieren. Präsident Macron schwenkte vor dem Gipfel ein weiteres rotes Tuch für die Deutschen: Er tritt für gemeinsame Schulden der EU ein, um Hilfen für Energiekunden zu finanzieren. Bundeskanzler Olaf Scholz argumentiert, es gebe noch genug Geld im Corona-Aufbaufonds der EU, das man dafür verwenden könne. Er werde mit Olaf Scholz das Problem besprechen, sagte Macron "Wir müssen absolut unsere Einigkeit bewahren."
Im Moment ist nicht klar, ob Bundeskanzler Scholz - ohne Minister - nächste Woche nach Paris reisen wird, um die Falten im deutsch-französischen Verhältnis wieder glatt zu bügeln.