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Frankreich schockiert über Missbrauch in der Kirche: „Schande der Menschheit“
Frankfurter Rundschau
Hunderttausende Fälle sexualisierter Gewalt in der Kirche verstören Frankreich – und der Leiter der Kommission Jean-Marc Sauvé warnt: „Das Problem besteht weiter.“
Paris – Konsterniert reagiert Frankreich auf den Bericht einer Untersuchungskommission zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. Noch am Tag vor der Veröffentlichung hatte gerüchteweise die Zahl von 10 000 minderjährigen Opfern seit 1950 kursiert. Sie galt schon als hoch. Offiziell sind es nun 216 000. Mit Einschluss ziviler Täter bei kirchlichen Anlässen – Ferienkolonien, Religionsunterricht, Seelsorge – sind es sogar 330 000 Opfer. Diese Zahlen seien „vernichtend für die katholische Kirche“, schätzte die Zeitung „Le Monde“ nach Bekanntwerden des insgesamt 3000-seitigen Berichts.
Was die Zahl der Täter betrifft, geht die Kommission von 2900 bis 3200 Priestern aus. Sie spricht von einem „massiven und systemischen“ Fehlverhalten der Kirche. Der Vorsteher der Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, zeigte sich „beschämt“ und bat die Opfer um „Verzeihung“.
Kommissionsleiter Jean-Marc Sauvé zeigt sich „erschüttert“. Der 72-jährige pensionierte Staatsbeamte zählt auf, dass 80 Prozent der Opfer Knaben waren, die meisten im Alter von zehn bis 13 Jahren. Ein Drittel der Verbrechen seien Vergewaltigungen, so Sauvé. 60 Prozent der Opfer litten unter „starken oder sehr starken psychischen Störungen“. Die Fälle seien in den 80er Jahren geringer geworden, seitdem stagnierten sie. In Frankreich lägen die Zahlen wie in den Niederlanden leicht unter den in den USA oder Australien bekanntgewordenen Fällen. Sauvé mahnte: „Das Problem besteht weiter.“