Frankreich: Die Linken bleiben gespalten
Frankfurter Rundschau
Nach der „Volks-Vorwahl“ in Frankreich ist Christiane Taubira klare Siegerin - die Konkurrenz erkennt das Ergebnis aber nicht an
Paris - Nach einem monatelangen Auswahlverfahren verteilte die „primaire populaire“ (ungefähr: Volks-Vorwahl) am Sonntagabend Noten: Die frühere Justizministerin Christiane Taubira erhielt „gut plus“ und gewann damit die Internetwahl durch 300.000 Eingeschriebene. Ihre Fans skandierten in einem Pariser Lokal umgehend: „Taubira présidente!“
Der Grüne Yannick Jadot folgte mit „recht gut plus“, Linkenchef Jean-Luc Mélenchon mit „recht gut minus“. Die Sozialistin Anne Hidalgo erhielt in dem komplizierten Benotungsverfahren nur ein „passabel plus“; inmitten von drei Unbekannten fand sie sich abgeschlagen im fünften Rang wieder.
Taubira rief denn auch umgehend zur „Einheit“ der Linken bei der Präsidentschaftswahl im April auf. „Ich danke euch, treibende Kraft für einen möglichen Sieg im April 2002 zu sein“, freute sie sich - und beging einen ziemlich unglücklichen Lapsus: Im April 2002 hatte Taubira mit einer wenig beachteten Zwei-Prozent-Kandidatur dem sozialistischen Favoriten Lionel Jospin wohl jene Stimmen weggenommen, die zu seiner sensationellen Niederlage im ersten Wahlgang gegen den Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen führten.
Bei der Präsidentschaftswahl in zweieinhalb Monaten hat Taubira nun die Legitimität einer breiten Internetbefragung. Das Problem ist, dass die übrigen Linkskandidatinnen und -kandidaten diese „Wahl“ nicht anerkennen, sondern ihre Bewerbungen unbeeindruckt aufrechterhalten. Statt einer Einheitskandidatur hat die „primaire populaire“ damit nur zusätzliches Durcheinander bewirkt.
Und „eine weitere Kandidatur“, wie Jadot bedauerte. Das sei „genau das Gegenteil von dem, was die Urwahl wollte“, sagte der Grüne, der sich auf die Nominierung durch seine Partei EELV stützt. Mélenchon reagierte ähnlich: „Taubira zieht die Schuhe an, die für sie vorbereitet wurden“, sagte der auf der Linken bestplatzierte Kandidat (neun Prozent in den Umfragen). Er ist nicht der Einzige, der der Vorwahlorganisation unterstellt, sie hätte insgeheim Taubiras Kandidatur vorangetrieben.