Frankfurter Kraftakt
Frankfurter Rundschau
Der Sozialdemokrat Mike Josef ist seit gut 100 Tagen Herr im Frankfurter Römer. So langsam muss der Oberbürgermeister liefern.
Einmal im Jahr sind Leserinnen und Leser der Frankfurter Rundschau beim Oberbürgermeister zu Gast. Der Besuch im Römer ist stets ein beliebter Programmpunkt in der Reihe „Ferien zu Hause“. Doch diesmal fiel der Dank der Gäste überschwänglich aus. Viele von ihnen sprachen nach dem Treffen mit Mike Josef von einem grandiosen Nachmittag.
Verwunderlich ist das nicht. Der 40 Jahre alte Sozialdemokrat, der seit Mai Frankfurter Oberbürgermeister ist, kann extrem gut mit Menschen umgehen. Josef ist smart, gibt seinen Gesprächspartner:innen stets das Gefühl, dass sie ihm wichtig sind. So holte er – noch in seiner Funktion als Sportdezernent – mehrere Spiele der milliardenschweren Football-Liga NFL ins Waldstadion, obwohl die Chancen für Frankfurt als Austragungsort nicht gut standen.
Jedoch: Josefs guter Umgang alleine wird nicht reichen, um die Probleme der Mainmetropole zu lösen. Nach der Amtszeit des wegen Korruption erstinstanzlich verurteilten und abgewählten Peter Feldmann (SPD) erwarten die Bürger:innen einen echten politischen Neustart. Beginnen soll er in dieser Woche, in der die politische Sommerpause endet.
Viele der Herausforderungen, vor denen Frankfurt steht, hat Deutschlands fünftgrößte Stadt nicht exklusiv. Vor allem geht es darum, möglichst schnell klimaneutral zu werden. Am besten, ohne dass die fast 800 000 Einwohnerinnen und Einwohner dafür Einschränkungen in Kauf nehmen müssen. Denn das sehen viele Menschen in Frankfurt offenbar nicht ein. Selbst kleinste Schritte zur Verkehrswende wie ein paar Straßensperren im Nordend werden zum Politikum und auf populistische Weise diskutiert.
Auch Mike Josef hat in der Frage der gesperrten Straßen noch nicht Farbe bekannt und auf laufende Verkehrsversuche verwiesen. Das wird bald nicht mehr reichen. Josef hat es sich zum Ziel gesetzt, die oft zerstrittene Vierer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt anzuführen und zum Handeln zu bringen. Das kann er nur, wenn er sich selbst klar positioniert.