Forschern gelingt erstes Bild eines schwarzen Lochs, das Materie ins Weltall schleudert
Frankfurter Rundschau
Viele supermassereiche schwarze Löcher schleudern Materie ins All. Nun ist Forschern erstmals gelungen, die Region um ein schwarzes Loch und den Materiejet gleichzeitig aufzunehmen.
Bonn – Schwarze Löcher sind mysteriöse Himmelskörper. Ihre unfassbare Schwerkraft zieht alles an, was ihnen zu nahe kommt. Um ein aktives schwarzes Loch kreist Materie auf einer sogenannten Akkretionsscheibe, wird heiß, leuchtet und wird nach und nach von dem monströsen Himmelskörper verschlungen. Manche schwarze Löcher schleudern zudem einen sogenannten Jet ins Weltall – einen Materiestrom, der sich mit beinahe Lichtgeschwindigkeit bewegt.
Wie schwarze Löcher diese Jets erzeugen, die weit über ihre eigene Galaxie hinausreichen, ist bisher ein Rätsel. „Wir wissen, dass Jets aus den Regionen um schwarze Löcher ausgeschleudert werden“, sagt Ru-Sen Lu vom Shanghai Astronomical Observatory in China in einer Mitteilung. „Aber wir verstehen immer noch nicht ganz, wie das eigentlich geschieht. Für eine direkte Untersuchung müssen wir den Ursprung des Jets so nah wie möglich am schwarzen Loch beobachten.“
Eine neue Aufnahme könnte der Forschung nun helfen, diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Eine Forschungsgruppe hat das Global Millimeter VLBI Array (GMVA) – einen Verbund von Radioteleskopen, die gemeinsam ein erdumspannendes Teleskop ergeben – genutzt, um das schwarze Loch M87* und dessen Jet abzubilden. M87* ist etwa 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und 6,5 Milliarden Mal massereicher als unsere Sonne. Wie die meisten supermassereichen schwarzen Löcher befindet es sich im Zentrum einer Galaxie. M87* dürfte eines der bekanntesten schwarzen Löcher sein, denn es ist das Exemplar, von dem 2019 das erste Foto eines schwarzen Lochs veröffentlicht wurde.
In der Aufnahme von 2019 ist die Umgebung des schwarzen Lochs inklusive dessen Schatten auf der Akkretionsscheibe zu sehen. Die neue Aufnahme zeigt noch mehr: Es ist nicht nur die Region um das schwarze Loch zu sehen, sondern auch der Jet, den M87* ausstößt. „Diese neue Aufnahme vervollständigt das Bild, indem sie die Region um das schwarze Loch und den Jet gleichzeitig zeigt“, freut sich Jae-Young Kim vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.
„Der große und dicke Ring, den wir nun sehen, erklärt sich durch das Gas, das in das schwarze Loch fällt“, erklärt Lu die Aufnahme. „Die beobachtete Strahlung erlaubt es, die physikalischen Prozesse in der unmittelbaren Umgebung des schwarzen Lochs und das Wechselspiel zwischen Akkretion und Jet-Erzeugung besser zu verstehen“, fügt er hinzu. Die Methode, mit der die Aufnahme entstand, ist nicht neu: Mehrere große Radioteleskope in aller Welt wurden mittels Langbasisinterferometrie (VLBI) zu einem großen, erdumspannenden Teleskop zusammengeschaltet. Mit einer vergleichbaren Technik wurde auch das erste Bild des schwarzen Lochs aufgenommen.