
FDP-Politiker Köhler: „Umverteilung hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun“
Frankfurter Rundschau
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Lukas Köhler über das Erbe der Freiburger Thesen von 1971, liberale Aufstiegsversprechen und warum das Tempolimit nur Symbolpolitik sei.
In diesem Monat feiert die FDP den 50. Jahrestag der Freiburger Thesen. Ein Parteiprogramm, das in der Zeit der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt verabschiedet wurde. Die Freiburger Thesen gelten als der bedeutendste Zukunftsentwurf des deutschen Liberalismus seit 1945. Darin geht es um Demokratie, soziale Verantwortung und einen dritten Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Unter dem Stichwort „Mehr Freiburg wagen“ wird die Bedeutung und Innovationskraft der Freiburger Thesen auch in der heutigen FDP diskutiert – zumal eine Koalition mit der SPD vor der Tür steht. Ein Gespräch mit dem bayerischen FDP-Politiker Lukas Köhler über die Bedeutung des Parteiprogramms der 1970er Jahre für eine künftige Legislatur.
Herr Köhler, wie kam es zu den Freiburger Thesen? Warum wollte ausgerechnet eine wirtschaftsliberale Partei den Kapitalismus zähmen?
Kapitalismus ist aus Sicht eines Liberalen ja immer die Frage nach der Rolle der Märkte. Märkte sind Werkzeuge, um Knappheiten so effizient wie möglich zu verhandeln. Sie sorgen auf der einen Seite dafür, dass Güter möglichst effizient und günstig produziert werden, und auf der anderen, dass Menschen ihren Weg in die Arbeitswelt finden. Märkte brauchen aber auch Spielregeln und Rahmenbedingungen. Das ist das Spannungsfeld zwischen einem Laissez-faire-Kapitalismus ohne Vorschriften und einem Sozialismus, der alles regeln will. Aus unserer Sicht muss der Staat stark und schlank sein. Starke Regeln – aber davon nicht zu viele.