Familiensache: Warum der Autovermieter Sixt keinen Betriebsrat hat
Süddeutsche Zeitung
Drei Mitarbeiterinnen des Autoverleihers wollten in Düsseldorf einen Betriebsrat gründen, dann hagelte es Kündigungen. Alles kein Zufall, sagt die Gewerkschaft Verdi. Über einen bizarren Streit und seine Folgen.
Die kuriose Geschichte beginnt an einem Freitag im August vergangenen Jahres. Einige Monate später gibt es sehr unterschiedliche Perspektiven auf die Ereignisse: Da ist die Darstellung von drei Frauen und eines Gewerkschaftsfunktionärs. Und da sind die Erklärungen eines großen Unternehmens mit rund 7000 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern.
Im Sommer 2021 verschickten drei Mitarbeiterinnen des Autoverleihers Sixt am Düsseldorfer Flughafen eine Einladung zu einer Betriebsversammlung, auch am schwarzen Brett wurde der Veranstaltungshinweis ausgehängt. Eingeladen waren an die 30 Leute, denn es stand Großes an: Die Kür eines Wahlvorstands, der die Wahl eines Betriebsrats organisieren sollte. Ein Betriebsrat bei Sixt wäre ein Novum, denn die Nummer eins der Autovermieter in Deutschland hatte bis dato noch keine Arbeitnehmervertretung in seinem Heimatland. Der Familienkonzern, der vor der Pandemie im Jahre 2019 noch 2,5 Milliarden Euro umsetzte, regiert sich seit jeher selbst.
Fazit, Stand heute: Den drei Kolleginnen wurde im Laufe der vergangenen Monate mehrmals gekündigt, einen Betriebsrat gibt es bei Sixt immer noch nicht. Die eine Seite meint, dass hier gerade mit allen Mitteln versucht werde, die Gründung eines Betriebsrates zu verhindern. Die andere Seite dementiert das.
Die Frage ist nur, wer hat recht? Und wer meint nur, recht zu haben?
Ob die Sixt-Kritiker recht haben oder Sixt selbst, ist nicht ganz unerheblich, erst recht, seit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Mitte Januar klargemacht hat, dass er mit einer Verschärfung des Strafrechts die Bildung von Betriebsräten notfalls auch gegen den Widerstand von Arbeitgebern erleichtern will. Damit ist das Thema ganz oben in der Politik angekommen, von wo aus es wohl nicht mehr so leicht wegzuräumen sein wird. Zwar ist die Behinderung schon heute nach dem Betriebsverfassungsgesetz verboten und kann mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. "In der Realität aber sehen wir immer wieder, dass Menschen drangsaliert werden, die Betriebsräte gründen wollen", sagte Heil. Und deshalb werde er "dafür sorgen, dass diejenigen, die die Gründung von Betriebsräten behindern, es demnächst mit dem Staatsanwalt zu tun bekommen". Und zwar notfalls auch ohne vorliegende Anzeige.