"Falsche Beratung, Sturheit, Realitätsferne"
RTL
Ex-Tennisstar Boris Becker muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Ein gerechtes Urteil? Darüber haben sich am Sonntagabend die Gäste bei „stern TV am...
Ex-Tennisstar Boris Becker muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Ein gerechtes Urteil? Darüber haben sich am Sonntagabend die Gäste bei "stern TV am Sonntag" bei RTL unterhalten.
Das Urteil fiel am Freitag. Es ist etwa zehn Minuten vor fünf. Da verkündete es die Richterin in London: Tennis-Ikone Boris Becker muss ins Gefängnis. Für zweieinhalb Jahre. Noch im Gerichtssaal klicken die Handschellen. Er kann sich nicht mehr von seiner Freundin Lilian und seinem Sohn Noah verabschieden. Becker wird abgeführt.
Von nun an sitzt er in einem der härtesten Gefängnisse Großbritanniens. In Wandswoth haust er in einer sechseinhalb Quadratmeter kleinen Zelle, mit einem weiteren Gefangenen. VIP-Behandlung gibt es nicht.
Theoretisch kann Becker gegen den Schuldspruch oder das Strafmaß Einspruch einlegen. Dazu müsste er aber dem Gericht Fehler nachweisen. Und er hat noch eine Chance: Bei guter Führung kann ihm die Hälfte seiner Strafe erlassen werden.
Boris Becker und seine Verurteilung sind am Sonntagabend Topthema in der Sendung "stern TV am Sonntag" bei RTL. Sie wird zum ersten Mal von ihrem neuen Gastgeber Dieter Könnes moderiert. Das macht er sehr souverän. Und einen Überraschungsgast hat er auch mit dabei: Ex-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch. Die hat es 1985 bis auf Platz vier der Tennis-Weltrangliste geschafft und kennt Boris Becker gut. Der wurde am Freitag wegen Insolvenzverschleppung verurteilt. Nach langwierigen Gerichtsverfahren musste auch Claudia Kohde-Kilsch vor zehn Jahren Regelinsolvenz anmelden. Das Verfahren wurde nach einem halben Jahr aufgehoben.
"Ich kann seine Straftaten nicht verteidigen", sagt Kohde-Kilsch. "Er hat Dinge getan, die man nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht tun darf." Aber sie habe Becker als guten, entgegenkommenden und hilfsbereiten Menschen kennen gelernt. Darum tue ihr die Situation für den Ex-Tennisstar leid. Natürlich müsse Becker die Strafe annehmen. Aber mit Schwerstkriminellen zusammenzusitzen habe er nicht verdient. "Ich hätte ihm eine Bewährungsstrafe gewünscht", sagt Kohde-Kilsch.
Da kann Stern-Reporter Johannes Röhrig nicht ganz zustimmen. Röhrig kennt sich mit Fehltritten aus. Seine Recherchen brachten den Fall gegen Uli Hoeneß ins Rollen, der wegen Steuerhinterziehung von mehr als 27 Millionen Euro zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, die er aber nicht voll absitzen musste. "Ich habe kein Mitleid, gönne es ihm aber auch nicht", sagt Röhrig. "Das ist die Quittung, die man bekommt, wenn man sich über Jahre unredlich verhält." Das Urteil sei hart, aber gerechtfertigt.
Becker habe sich über Jahre hinweg falsch beraten lassen, glaubt Kohde-Kilsch. Seine Fehler fasst sie so zusammen: "Falsche Beratung, Sturheit, Realitätsferne."