
EZB vollzieht historische Zinswende
DW
Die EZB führt den Leitzins aus der Nullzins-Talsohle mit einem kräftigen Schritt um 0,5 Prozent heraus. Staaten, die damit bei der Finanzierung ihrer Schulden Probleme bekommen, soll ein neues Anti-Krisenprogramm helfen.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ein starkes Zeichen gesendet. Überraschend haben die Währungshüter des Euroraumes den Leitzins um einen halben Prozentpunkt erhöht. Im Vorfeld hatte die Notenbank nur einen Zinsschritt von 0,25 in Aussicht gestellt.
Beobachter sehen die Entscheidung als historisch an, denn erstmals seit acht Jahren Nullzinsen sind die Leitzinsen im Euroraum nun wieder positiv, es handelt sich zudem um die erste Erhöhung der Zinsen seit 2011. Und weitere Zinsschritte könnte der Rat der EZB in den nächsten Sitzungen beschließen. Der EZB-Rat werde zudem zu einem Ansatz übergehen, bei dem Zinsbeschlüsse von Sitzung zu Sitzung gefasst würden. "Bei den anstehenden Sitzungen des EZB-Rats wird eine weitere Normalisierung der Zinssätze angebracht sein", so EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der Pressekonferenz im Anschluss an die Ratssitzung in Frankfurt.
"Es ist gut, dass sich der EZB-Rat zu einem großen Zinsschritt durchgerungen hat", sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim gegenüber der DW. Denn die Rückkehr der Inflation in den Zielbereich der EZB sei nicht absehbar. Dieser Zielbereich liegt bei einer Preisteuerung von rund zwei Prozent. Derzeit steigen die Preise im Euroraum allerdings um 8,6 Prozent, getrieben vor allem von steigenden Energiekosten.
Auch andere Ökonomen und Verbände begrüßte das deutliche Zinssignal. Es handele sich um einen "symbolträchtigen Schritt, der die Negativzinsphase beendet", sagte etwa der Hauptgeschäftsführer des Versicherer-Verbandes GDV, Jörg Asmussen. In ähnlicher Richtung äußerte sich der private Bankenverband BdB und Sparkassenverbände. Banken fordern schon seit längerem Zinsanhebungen. Die liegen in ihrem Interesse, unter anderem weil sich dann über Kreditvergabe wieder mehr Geld verdienen lässt.
Um der hohen Inflation etwas entgegen zu setzen, hat die EZB außerdem beschlossen, den Negativzins von minus 0,5 Prozent für geparkte Gelder von Geschäftsbanken auf null hochzusetzen. Das dürfte nicht nur die Banken, sondern auch viele Sparerinnen und Sparer freuen. Denn viele Banken hatten in den vergangenen Monaten die Negativzinsen zumindest an vermögendere Kunden weitergereicht.