EZB beendet Anleihekäufe und kündigt Zinserhöhungen an
DW
Die Europäische Zentralbank (EZB) beendet ihre milliardenschweren Anleihekäufe zum 1. Juli und macht damit den Weg frei für die erste Zinserhöhung im Euroraum seit elf Jahren. Die soll im Juli folgen.
Nach elf Jahren Niedrigzinsen leitet die Europäische Zentralbank die Zinswende ein. Der EZB-Rat beschloss auf seiner geldpolitischen Sitzung - die dieses Mal in Amsterdam stattfand - die Anleihekäufe zum Ende dieses Monats einzustellen. Bei der nächsten Sitzung am 21.Juli will sie dann die Leitzinsen erhöhen, zunächst um 25 Basispunkte.
Abhängig von der Datenlage werde der Rat dann im September dann über einen größeren Zinsschritt nachdenken, kündigte EZB-Präsidentin Christine Lagarde anschließend auf einer Pressekonferenz an (Artikelbild). Sie zeigte sich besorgt über die schnell voranschreitende Inflation. Die Ökonomen der Zentralbank sehen sie für 2024 bei 2,1 Prozent - das läge dann immer noch über der Preissteigerung von zwei Prozent, den die Notenbank anstrebt.
Das sei ein richtiger Schritt, der aber zu spät komme, sagte der Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, nach der Entscheidung. "Es war nicht akzeptabel, dass die EZB bei einer Inflation von acht Prozent bis heute an Negativzinsen und Anleihenkäufen festgehalten hat. Die Preissteigerungen betreffen nicht nur Energie und Lebensmittel, sie gewinnen an Breite", sagte er am Donnerstag in München.
Zumindest für die Finanzmärkte komme der Schwenk der obersten Währungshüterin zu spät, kritisiert auch Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank: "Viele Banken preisen bereits für 2023 eine Rezession ein. Kommt diese tatsächlich - und die Wahrscheinlichkeit steigt zurzeit täglich - hat die EZB nicht viel Zeit, um ihre geldpolitische Wende umzusetzen."
Auch Stefan Kooths, Vizepräsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, hätte sich ein schnelleres Handeln der EZB gewünscht. Die zögerliche Haltung erhöhe die geldpolitischen Risiken unnötig: "Die verkündeten Schritte sind ein überfälliger Anfang, aber eben auch nur das. Die EZB muss dringend weitere Schritte unternehmen, um die Geldpolitik zu normalisieren, denn ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel." EZB-Präsidentin Lagarde aber versicherte mehrfach, dass die EZB sicherstellen werde, dass die Inflation mittelfristig wieder auf das Ziel von zwei Prozent zurückgeführt werde. Schnell gehen werde das aber nicht: "Erwarten wir, dass die Zinserhöhung im Juli unmittelbare Auswirkungen auf die Inflation haben wird? Die Antwort lautet: Nein."