Exklusiv: Wie Schiffe ungestraft Öl im Meer entsorgen
DW
Tausende Schiffe verschmutzen die Weltmeere mit ölhaltigem Abwasser. Auf hoher See bleiben diese Vergehen meist unentdeckt - mit dramatischen Folgen für die Umwelt. Eine DW-Recherche.
"Anfangs hat es mich belastet", erzählt der junge Schiffsingenieur der DW. Mehrfach hat er miterlebt, wie ölverschmutztes Wasser von seinem Schiff direkt ins Meer gepumpt wurde. Dass das illegal ist, hat er auf der Marineschule gelernt. Doch auf hoher See schere sich kaum jemand um diese Regeln, berichtet der Seemann über eine instabile Telefonleitung.
Wir erreichen ihn Tausende Kilometer von Berlin entfernt. Er bittet uns darum, seine Identität aus Sicherheitsgründen geheim zu halten. Ebenso den Namen des großen Tankschiffs, auf dem er zur See fährt.
Wenn illegal ölhaltiges Wasser ins Meer abgelassen werde, dann meistens im Schutz der Dunkelheit, erzählt er. Das passiere regelmäßig. "Inzwischen habe ich mich damit abgefunden, so traurig das auch ist", sagt er mit leiser Stimme. Als junges Crewmitglied riskiere er seinen Job, wenn er sich gegen seine Vorgesetzten auflehne.
Das Einleiten von Öl und ölhaltigem Wasser ins Meer ist seit Jahrzehnten verboten. Doch viele Fracht- und Containerschiffe umgehen dieses Verbot systematisch, um Zeit und Geld zu sparen - mit verheerenden Folgen für die Umwelt. Das belegt eine Recherche der DW mit dem investigativen Netzwerk Lighthouse Reports und acht weiteren europäischen Medienpartnern.
Die monatelange Recherche stützt sich auf Berichte von Whistleblowern und Experten. Sie beschreiben, mit welchen Tricks die Crews die Vorschriften auf hoher See umgehen. Die Analyse von Satellitenbildern belegt, dass illegale Öleinleitungen durch Handelsschiffe weltweit an der Tagesordnung sind. Nur ein Bruchteil der Fälle wird entdeckt und strafrechtlich verfolgt.