Ex-Popstar R. Kelly muss 30 Jahre in Haft
ProSieben
Schuldig in allen Anklagepunkten: Das hatte eine Jury im vergangenen Jahr im Missbrauchsprozess gegen R. Kelly entschieden. Jetzt ist das Strafmaß gegen den einstigen Pop-Superstar verkündet worden - und das fiel deutlich aus.
Der frühere Pop-Superstar R. Kelly ist in einem Missbrauchsprozess zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt worden. Kellys Verbrechen seien "kalkuliert, sorgfältig geplant und über einen Zeitraum von fast 25 Jahren regelmäßig ausgeübt worden", sagte Richterin Ann Donnelly am Mittwoch an einem Gericht in New York. Sie verhängte zudem eine Strafe von 100 000 Dollar (etwa 95 000 Euro). Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Jury den Musiker nach mehrwöchigem Prozess in allen neun Anklagepunkten - darunter sexuelle Ausbeutung Minderjähriger, Kidnapping und Bestechung - für schuldig befunden. Kelly hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Der Musiker, der mit schwarzer Brille, schwarzer Corona-Maske und khakifarbenem Oberteil am Gericht erschien, äußerte sich nicht - nach Angaben seiner Verteidigerin wegen noch ausstehender weiterer Prozesse. "Ja, Euer Ehren, das ist mein Wunsch", antwortete Kelly auf die Frage, ob er sich wirklich nicht zu Wort melden wolle. Das Strafmaß nahm der 55-Jährige reglos mit hängendem Kopf auf. "Er sitzt hier nicht ohne Reue", hatte Verteidigerin Jennifer Bonjean zuvor gesagt.
Mit der Strafe folgte Richterin Donnelly auf ganzer Linie der Staatsanwaltschaft, die mehr als 25 Jahre Haft für den "I Believe I Can Fly"-Sänger gefordert hatte, der bereits seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzt. Eine solche Strafe sei unter anderem wegen der Schwere seiner Verbrechen angemessen, außerdem gehe von Kelly nach wie vor eine Gefahr aus, hatte die Staatsanwaltschaft ihre Forderung begründet - und Donnelly stimmte dem zu.
Die Verteidigung des Musikers hatte eine deutlich geringere Strafe gefordert und betonte das vor Gericht noch einmal. Kelly sei das "Produkt seiner Kindheit" - einer extrem schwierigen Kindheit, geprägt von sexuellem Missbrauch, Armut und Gewalt, sagte Verteidigerin Bonjean. Zudem sei Kelly ein "Musik-Genie" und habe der Gesellschaft dadurch und auch durch seine Spendenbereitschaft viel gegeben. Seine Verbrechen seien schwerwiegend gewesen, rechtfertigten aber nicht eine Strafe in diesem Ausmaß, das für den unter Diabetes leidenden Sänger quasi einer lebenslangen Haftstrafe gleichkäme. Schon zuvor hatte die Verteidigung angekündigt, in Berufung gehen zu wollen, und betonte das nun erneut.
Das Verfahren ist - nach Fällen wie denen von Filmproduzent Harvey Weinstein und Komiker Bill Cosby - eine weitere viel beachtete juristische Aufarbeitung der MeToo-Ära. Sieben Opfer von Kelly erzählten vor Gericht nacheinander und teilweise unter Tränen noch einmal ihre Geschichten. Teilweise schauten und sprachen ihn die Frauen dabei direkt an - doch Kelly starrte entweder geradeaus, auf die Notizen vor sich auf dem Tisch, oder unterhielt sich leise mit seinen Verteidigerinnen. Der Musiker habe einen "Gotteskomplex", habe "Millionen Menschen manipuliert" und "jämmerliche, unerklärliche" Taten begangen, sagte eine Frau. "Ich bin nicht hier wegen des Geldes und schon gar nicht für Hollywood", sagte eine andere. "Ich bin hier, weil ich Gerechtigkeit suche."