Ex-Bundesverfassungsrichter hält Proteste für Nötigung
n-tv
Seit Tagen blockieren Bauern Straßen in Deutschland. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Papier, sieht das skeptisch. Er konstatiert eine "rechtswidrige Nötigung" wegen Dauer, Ort und Ausmaß der Proteste.
Die teils stundenlangen Blockaden der Bauern von Straßen und Autobahnauffahrten sind nach Einschätzung des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Paper, nicht mehr von der Versammlungsfreiheit gedeckt. "Nach Dauer, Ort und Ausmaß schwerwiegende Blockaden dürften die Grenzen der Versammlungsfreiheit wegen rechtswidriger Nötigung meines Erachtens überschreiten", sagte Papier dem "Tagesspiegel".
Zwar sei das Versammlungsrecht für die repräsentative Demokratie von ganz entscheidender Bedeutung, aber es müsse einen sachlichen Bezug geben zwischen den Menschen, deren Bewegungsfreiheit durch die Blockade eingeschränkt ist, und dem sachlichen Anliegen der Protestierer. Bei den Anti-AKW-Protesten etwa in Brokdorf sei das gegeben gewesen, weil die Demonstranten Zufahrten zu Atomkraftwerken blockiert hatten.
Bei den Blockaden der Bauern fehle dagegen jeder Sachbezug, gibt Papier zu bedenken, der von 2002 bis 2010 das Bundesverfassungsgericht geleitet hatte. "Die Bauern wollen auf die politische Führung des Landes Druck ausüben, aber die von den Blockaden betroffenen Personen haben mit diesem Anliegen nichts zu tun und können keinen Einfluss nehmen", betont der Staatsrechtler.