Europas Rabbiner verlegen ihren Hauptsitz nach Deutschland
DW
Rabbiner-Ausbildung, Bildungseinrichtungen, eine Akademie. Die Präsenz jüdischen Lebens im Land bekommt in München eine neue Dimension - und nicht nur dort.
Jetzt wird alles ganz schnell gehen. In den nächsten Tagen soll der Vertrag unterschrieben werden, dann stehen Renovierungsarbeiten an. Noch im Spätsommer soll der Hauptsitz der Europäischen Rabbiner-Konferenz (CER) in München eröffnet werden, in zentraler Lage zwischen Hauptbahnhof und Pinakothek.
Der 1956 gegründeten CER gehören rund tausend Rabbiner an - sie leben zwischen Dublin und Wladiwostok. Nach 67 Jahren verlagert die Vereinigung ihre Zentrale vom Gründungsort London nach München. Sie eröffnet hier ein "Zentrum für jüdisches Leben" mit zahlreichen Bildungsangeboten für Rabbiner und Raum für öffentliche Konferenzen.
Die Nachricht ist spektakulär und prägt an diesem Dienstag die feine Stube der Münchner Residenz, den Kaisersaal. Dort zeichnet die CER-Spitze den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für herausragendes Engagement zum Schutz und zur Förderung jüdischen Lebens in Europa aus.
Die Entscheidung ist der Höhepunkt einer Geschichte, die Ende Mai 2022 begann. Damals kamen etwa 500 CER-Rabbiner aus mehr als 40 Ländern erstmals zu ihrer Generalversammlung nach München. In jene Stadt, in der Adolf Hitler in den 1920er Jahren seinen politischen Aufstieg und den Kampf auf der Straße begann, jene Stadt, die von den Nazis später als "Hauptstadt der Bewegung" gefeiert wurde. Es ist auch die Stadt, in der bei den Olympischen Spielen 1972 palästinensische Terroristen elf israelische Sportler ermordeten. Die Umstände der Tat und deren Aufarbeitung sind immer noch eine offene Wunde.
Ministerpräsident Söder kam Ende Mai 2022 zur Generalversammlung der Rabbiner in einem von Polizisten sorgsam bewachten Hotel mit Kippa auf dem Kopf und einem kräftigen "Schalom" auf den Lippen. Da waren ihm Unsicherheit und Rührung anzumerken, aber auch Dankbarkeit und Freude über diese Zusammenkunft, zu der so viele Rabbiner wie nie zuvor nach der Shoa nach Deutschland gekommen waren. Er lud die Gäste ein, doch immer ihre Gesamttreffen - die bislang im Abstand von zwei bis drei Jahren durch europäische Städte touren - in München anzuberaumen.