
EuGH weist Klagen Polens und Ungarns ab
DW
Mit der Entscheidung der Richter am Europäischen Gerichtshof ist der Weg für die Anwendung des sogenannten Rechtsstaatsmechanismus frei. Der erlaubt im letzten Schritt, EU-Mittel zu kürzen, wenn deren Missbrauch droht.
Jetzt ist es höchstrichterlich bestätigt: Der Mechanismus zur Ahndung von Verstößen gegen den Rechtsstaat verstößt nicht gegen EU-Recht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus für rechtens erklärt und damit einen entsprechenden Einspruch der EU-Staaten Polen und Ungarn zurückgewiesen. Demnach kann die EU-Kommission Finanzmittel aus dem EU-Haushalt einbehalten, wenn Verstöße gegen demokratische Rechte und Freiheiten vorliegen. Ungarn und Polen liegen seit langem mit der EU-Kommission überkreuz wegen des Umgangs der Regierungen mit der Justiz, aber auch mit den Medien und den Wissenschaften. Mit dieser Klarstellung dürften gegen die beiden genannten Staaten schon bald entsprechende Verfahren eingeleitet werden.
Konkret ging es in dem EuGH-Verfahren um die "Verordnung über die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit", die seit Anfang 2021 in Kraft ist. Sie soll dafür sorgen, dass Verstöße gegen Rechtsstaatsprinzipien wie die Gewaltenteilung nicht mehr ungestraft bleiben, wenn dadurch ein Missbrauch von EU-Geldern droht. Polen und Ungarn sahen sich besonders im Fokus des neuen Instruments und klagten deshalb dagegen vor dem EuGH.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Urteile, dämpfte aber Erwartungen nach baldigen Strafen gegen Ungarn oder Polen. Die deutsche Politikerin unterstrich in einer ersten Stellungnahme in Brüssel ihre Entschlossenheit zum Schutz des EU-Haushalts. Ihre Behörde werde nun aber erst einmal gründlich die Begründung des Urteils und mögliche Auswirkungen analysieren. In den kommenden Wochen werde man dann die Leitlinien zur Anwendung des Mechanismus beschließen. Jeder Fall werde eingehend geprüft. Wo die Bedingungen erfüllt seien, werde entschlossen gehandelt, erklärte von der Leyen.
Das Europaparlament macht hingegen seit langem Druck und hat die EU-Kommission wegen ihrer Zögerlichkeit sogar vor dem EuGH verklagt - das Verfahren läuft jedoch noch. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola teilte mit, das Parlament erwarte nun von der Kommission, dass der Mechanismus schnell in Gang gesetzt werde.
Polen und Ungarn haben empört auf die Abweisung ihrer Klagen reagiert. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stelle einen "Angriff auf unsere Souveränität" dar, erklärte der polnische Vize-Justizminister Sebastian Kaleta auf Twitter. "Polen muss seine Demokratie gegen die Erpressung verteidigen, die darauf abzielt, uns unser Recht auf Selbstbestimmung zu nehmen."