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EU verhandelt mit Albanien und Nordmazedonien
DW
Es hat lange gedauert, doch jetzt hat die EU ihr Versprechen eingelöst. Mit Albanien und Nordmazedonien wird über eine Mitgliedschaft verhandelt. Nur: Auch das kann wieder lange dauern. Aus Brüssel Bernd Riegert.
Auf diesen Moment hatte Albanien zehn, Nordmazedonien sogar 17 Jahre lang hingearbeitet. So lange sind die beiden Länder bereits EU-"Beitrittskandidaten". Heute begannen in Brüssel mit zwei Regierungskonferenzen aller Mitgliedsstaaten die formellen Beitrittsverhandlungen. Es war viel zu hören von historischen Schritten, gemeinsamer Zukunft und Dankbarkeit in den Reden der Regierungschefs der beiden Länder und der EU-Kommissionspräsidentin.
Nach den Festreden ging es gleich an die Arbeit. Die Beamten der EU-Kommission und die Verhandlungsteams von Nordmazedonien und Albanien begannen damit, die 35.000 Seiten an EU-Gesetzen zu prüfen, um zu sehen, was von den Kandidaten noch übernommen und umgesetzt werden muss. Wenn dieses sogenannte "Screening" in einigen Wochen abgeschlossen sein wird, können die ersten der 35 thematischen Verhandlungskapitel eröffnet werden. Sobald alle Kapitel einvernehmlich, mit Zustimmung aller Mitgliedsstaaten, abgehandelt worden sind, kann der eigentliche Vertrag zum Beitritt in die EU verfasst werden. Erst wenn dieser unterschrieben und von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert worden ist, werden Nordmazedonien und Albanien tatsächlich volle Mitglieder der Gemeinschaft. Dieser Verhandlungsprozess ist so komplex, dass er sicher mehrere Jahre dauern wird. Am schnellsten war bisher Finnland mit nur drei Jahren Verhandlungsdauer. Die Türkei hingegen verhandelt bereits seit 2005 ohne nennenswerte Fortschritte.
Der für die Verhandlungen zuständige EU-Kommissar Oliver Varhelyi versprach in Brüssel, das Tempo für den Beitritt deutlich zu erhöhen. "Das ist heute das Ende eines sehr langen Prozesses. Es ist der Beginn einer neuen Phase, die wir sehr viel schneller absolvieren wollen." Der albanische Ministerpräsident Edi Rama zeigte sich zufrieden, dass die "absurde" Phase des Wartens für sein Land jetzt endlich vorbei sei. Rama sah sein Land als "Geisel" der Konflikte, die das Nachbarland Mazedonien, das später in "Nordmazedonien" umbenannt wurde, erst mit Griechenland und dann mit Bulgarien auszufechten hatte. Allerdings hatten auch die Niederlande, Dänemark und Frankreich jahrelang Bedenken gegen Beitrittsverhandlungen mit Anwärter Albanien.
In den ersten Jahren ihrer Bewerberphase mussten Mazedonien und Albanien Dutzende Reformen umsetzen, um Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten, eine unabhängige Justiz aufzubauen, staatliche Verwaltungen zu stärken, organisiertes Verbrechen und Korruption zu bekämpfen. "Das ist der Erfolg ihrer Bürger. Sie haben so hart gearbeitet, um an diesen Punkt zu kommen", lobte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die jahrelangen Bemühungen. "Sie habe unzählige Reformen durchgezogen und ihre Staaten modernisiert." Mazedonien hat dann 2019 sogar griechischen Forderungen nachgegeben und seinen Staatsnamen in Nordmazedonien geändert, weil die Griechen den alten Namen für ihre nördliche Provinz reklamierten. Griechenland konnte sein Veto einlegen, weil Beschlüsse in Beitrittsfragen in der EU einstimmig fallen müssen.
Auf die gleiche Idee kam dann auch Bulgarien. Weil die Bulgaren die Eigenständigkeit der mazedonischen Sprache anzweifelten und Minderheitenrechte für eine kleine Gruppe von Bulgaren in Nordmazedonien reklamierten, verzögerten sich die Aufnahmegespräche für Nordmazedonien und Albanien noch einmal um zwei Jahre. Nordmazedonien und Albanien wurden von der EU-Kommission immer als "Beitrittsbündel" betrachtet, was Albaniens Premier Edi Rama nicht nur einmal wutschnaubend als Geiselnahme kritisierte. Allerdings legten die Niederlande erneut ein Veto gegen Beitrittsverhandlungen mit Albanien ein, weil sie mehr Anstrengungen beim Kampf gegen Bandenkriminalität verlangten. Dieser Konflikt konnte ausgeräumt werden. Genauso wie der emotionale Disput zwischen Bulgarien und Nordmazedonien um die nationale und kulturelle Identität. Beim EU-Gipfel und beim NATO-Gipfel Ende Juni vermittelte die französische EU-Ratspräsidentschaft einen Kompromiss, dem erst das bulgarische und schließlich knapp auch das nordmazedonische Parlament vergangene Woche zustimmten.