EU-Ratschef Michel bremst Kiews EU-Hoffnung
n-tv
Nach Russlands Angriff wird der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Ratspräsident Michel dämpft nun allerdings die Aussicht, dass das schnell passieren könnte. Kiew habe noch viel zu tun.
EU-Ratspräsident Charles Michel hat bei einem Besuch in der Ukraine davor gewarnt, eine schnelle Entscheidung über den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land als Selbstläufer zu sehen. Ein Teil der EU-Mitgliedstaaten habe deutlich gemacht, dass sie gerne genau nachdenken würden, bevor im Beitrittsprozess der nächste Schritt beschlossen werde, erklärte der Belgier vor Journalisten im Zug bei der Einfahrt nach Kiew. Man arbeite hart daran, bis zum EU-Gipfel im Dezember zu einer einheitlichen Position zu kommen. Die politischen Schwierigkeiten seien allerdings nicht zu unterschätzen - auch weil zugleich schwierige Haushaltsentscheidungen zu treffen seien.
Michel sagte nicht, welche EU-Staaten den Beginn von Beitrittsverhandlungen für das Land blockieren könnten, das sich seit Februar 2022 gegen den russischen Angriffskrieg wehrt. Er verwies lediglich allgemein darauf, dass es neben grundsätzlich zurückhaltenden Staaten auch noch eine andere schwierige Gruppe gebe. Diese sei der Ansicht, dass derzeit die Westbalkanstaaten im Beitrittsprozess priorisiert werden sollten, weil diesen bereits vor mehr als 20 Jahren die Aufnahme in die EU versprochen worden sei. Diese Länder seien nicht gegen neue Schritte für die Ukraine, wollten aber die Zusicherung, dass es auch für Westbalkanstaaten wie Bosnien-Herzegowina vorangehe, erklärte Michel.
Bekannt ist derzeit, dass der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den von der EU-Kommission empfohlenen Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kiew entschieden ablehnt. "Die Ukraine ist in keinerlei Hinsicht in einer Verfassung, um über ihre Beitrittsambitionen zu verhandeln", sagte Orban vor eineinhalb Wochen. Als Staaten, die auf Fortschritte im EU-Beitrittsprozess mit Balkanstaaten drängen, gelten insbesondere Österreich und Slowenien.