EU nimmt im Brexit-Streit Verfahren gegen London auf
DW
Brüssel droht der britischen Regierung gleich mit mehreren Verfahren: London habe "gegen bedeutende Teile des Nordirland-Protokolls verstoßen". Die Regierung Johnson gibt sich "enttäuscht".
Die Europäische Kommission hat juristische Schritte gegen Großbritannien angekündigt, die die Regierung zur Einhaltung des Brexit-Vertrags zwingen sollen. Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic sagte, es gebe keine juristische oder politische Rechtfertigung für die einseitige Änderung einer internationalen Vereinbarung: "Nennen wir die Dinge beim Namen, das ist illegal." Die britische Regierung habe "gegen bedeutende Teile des Nordirland-Protokolls verstoßen", sagte Sefcovic.
Konkret werden zwei neue Vertragsverletzungsverfahren neu eingeleitet und ein drittes wieder aufgenommen. Diese könnten mit einer Geldstrafe für London sowie mit Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg enden. Zugleich wolle die Kommission im Dialog mit der britischen Regierung bleiben und Lösungen im Streit suchen.
Das oberste EU-Gericht steht selbst im Fokus der von London angedachten Änderungen: Als Schlichtungsinstanz ist es für den gesamten europäischen Binnenmarkt zuständig, zu dem Nordirland im Zuge eines Brexit-Zusatzprotokolls de facto weiter gehört.
Die britische Regierung hatte schon länger damit gedroht, das von ihr ratifizierte Protokoll außer Kraft setzen zu wollen. Am Montag hatte Außenministerin Liz Truss Pläne für eine einseitige Neuregelung vorgestellt, wonach der EuGH nicht mehr die alleinige Schiedsstelle wäre.
Außerdem will London beim Warenverkehr von Großbritannien nach Nordirland künftig einen Teil der Kontrollen dauerhaft fallen lassen: Waren, die über nordirische Häfen in die EU eingeführt werden sollen, würden rot markiert und weiter kontrolliert. Im Gegenzug soll eine grüne Kennzeichnung sämtliche Produkte, die in Nordirland verbleiben sollen, diese von den Kontrollen befreien.