
EU-Gipfel: Böses Erwachen auf einem neuen Kontinent
Frankfurter Rundschau
Die EU bietet der Ukraine keine Express-Aufnahme an – dafür Waffen für 500 Millionen Euro
Der Sondergipfel der EU war vom französischen Gastgeber ursprünglich für eine Wirtschaftsdebatte gedacht. Der Krieg änderte das. Fürs erste beschlossen die 27 Staats- und Regierungsspitzen keine weitergehenden Sanktionen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer „fünften Serie“ von Sanktionen, zu beschließen beim nächsten G7-Gipfel. Das wäre aber erst Ende Mai. Dafür bekräftigte sie den „temporären Schutz“ für alle Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Ihnen werde „humanitäre und finanzielle Hilfe“ geleistet, heißt es in der Gipfelschlusserklärung, gefolgt von der Beteuerung: „Wir werden sie nicht allein lassen.“
Die USA wollen dagegen ihre Handelspolitik gegenüber Russland gleich nochmal deutlich verschärfen. Präsident Joe Biden wollte am Freitag bekanntgeben, dass er sich dafür einsetzen wolle, dass Russland den Status als „meistbegünstigte Nation“ verliert, hieß es in Washington. Das soll in Abstimmung mit den G7 und der EU erfolgen. Bestätigen muss einen derartigen Schritt aber noch der US-Kongress. Die sogenannte Meistbegünstigung ist ein zentrales Prinzip in der internationalen Handelspolitik und besagt im Wesentlichen, dass einem Land dieselben Vorteile gewährt werden wie auch anderen Handelspartnern.
Während des Gipfels gab die Europäische Kommission bekannt, dass bisher 2,5 Millionen Zivilpersonen aus der Ukraine geflohen seien. Sie befinden sich nun fast samt und sonders in der EU. Aber deren Spitzen in Versailles ließen die Frage eines beschleunigten EU-Beitritts der Ukraine weiter offen. Nur eine terminlich unverbindliche „Beitrittsperspektive“. Die Kommission hat nun das am 28. Februar eingereichte Gesuch zu prüfen.
Litauens Präsident Gitanas Nauseda wünschte ein klareres Signal. Seine finnische Amtskollegin Marin Sanna hielt dagegen, dass die EU eine Express-Aufnahme nicht vorsieht. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte meinte, es gebe keinen „Express-Beitritt“.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kommentierte am Freitag, die EU hätte „mehr tun“ müssen. Neben der Ukraine würden auch Georgien und Moldawien, die sich von Russland ebenso bedroht fühlen, gerne Aufnahme in die EU finden. Das „Friedensprojekt EU“ ist für sie eine Überlebensfrage.