EU-Finanzminister: Schwierige Haushaltspolitik in Zeiten der Krise
DW
Die Inflation drastisch zu senken, ist das Ziel. Doch welcher Weg ist richtig? Mehr oder weniger Schulden? Mehr oder weniger Beihilfen des Staates? Die Finanzminister beraten in Prag. Bernd Riegert berichtet.
Untergehakt betraten der französische und der deutsche Finanzminister das Kongresszentrum in Prag, in dem sich an diesem Freitag die EU-Minister treffen. "Das ist ein Symbol dafür, dass wir Schulter an Schulter stehen, nicht nur hier, sondern auch in unserer Politik", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lächelnd auf dem roten Teppich am Eingang. Bruno Le Maire, sein französischer Kollege, säuselte ähnliche Nettigkeiten und sagte dann auf Deutsch: "Die Bekämpfung der Inflation ist das Wichtigste für alle Mitgliedsstaaten." Das bejahte auch Christian Lindner uneingeschränkt.
Damit geben die beiden größten EU-Staaten Deutschland und Frankreich den finanzpolitischen Kurs vor, den die übrigen 25 Mitgliedsländer in der größten wirtschaftlichen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg einschlagen sollten. Die Europäische Zentralbank habe mit ihrer Leitzinserhöhung am Donnerstag das ihre getan, meinte Finanzminister Lindner, jetzt seien die EU-Minister mit einer soliden Fiskalpolitik am Zuge. Lindner meint damit, den Abbau von Schulden in den Haushalten der Mitgliedsländer, die Förderung von Investitionen und gleichzeitig "fiskalische Neutralität", wie er das nennt. Der Staat solle das Wirtschaftswachstum und damit die Inflation nicht mit eigener Nachfrage anheizen.
Wie das genau funktionieren soll, wenn viele Staaten, auch Deutschland, finanzielle Hilfspakete zur Abmilderung der Preissteigerungen schnüren und damit neue Kosten schultern müssen, ist dem italienischen EU-Kommissar für Wirtschaft, Paolo Gentiloni, nicht ganz klar. Die Hilfspakete müssten "gezielt" verteilt werden und dürften nicht als Gießkanne für allgemeine Kaufkraft missverstanden werden, so Gentiloni.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, gelobte, sie wolle mit ganzer Kraft und höheren Zinsen gegen die externen Schocks ankämpfen, jetzt seien aber die Finanzminister an der Reihe. Es brauche eine ausgewogene Fiskalpolitik, zum Bespiel bei den angedachten Finanzhilfen für Energieversorgungsunternehmen, die kein Geld mehr haben, um Energie für die nächsten Monate auf den Märkten einzukaufen.
"Es ist wichtig, dass diese Maßnahmen aus staatlichen Haushalten erfolgen, um Liquidität für die Marktteilnehmer zu gewährleisten, speziell die Versorger. Diese Maßnahmen sollten darauf zielen, systemrelevante Firmen zu retten und finanzielle Stabilität zu gewährleisten", sagte Lagarde.