Erst Khatia Buniatishvili, dann Sol Gabetta in Wiesbaden: Schlüsselreiz und Intensität
Frankfurter Rundschau
Khatia Buniatishvili und Sol Gabetta bei zwei Wiesbadener Abenden des Rheingau Musik Festivals mit dem Gstaad Festival Orchestra
Eine todsichere Methode, um bei der Silver Generation, die die Mehrheit des Klassik-Konzertpublikums stellt, Begeisterung auszulösen, ist das über Stock und Stein gehende Spiel auf vertrautem Terrain. Ein bisschen „dirty“ darf’s dabei schon sein: mit der Attitüde von Wildheit in horrenden Tempi, knallenden Stimmungswechseln, und oft auch mit ausgestelltem Spiel. Eine Spezialistin für diese Form, sich mittels kreativer Willkür und habitueller Präsenz darzustellen, ist Khatia Buniatishvili, in dieser Saison Artist in Residence beim Rheingau Musik Festival. Das vorletzte ihrer Residenzkonzerte bestritt die 1987 in Georgien geborene Pianistin im Wiesbadener Kurhaus. Begleitet vom Gstaad Festival Orchestra, das unter dem für Pablo Heras-Casado eingesprungenen David Afkham (1983 in Freiburg geboren) spielte. Das b-Moll-Konzert von Peter Tschaikowski stand auf dem Programm und geriet durch die heftige Polarisierung des Klanggeschehens, die Buniatishvili betrieb, zu einem Konglomerat zweideutiger Natur. Einerseits völliger Zerdehnung und bis zum tonsatzlichen Zerfall in den lyrischen, melodiösen Partien. Andererseits als ein tastendonnerndes Ausrasten, das irgendwie an alte sowjetische Leistungsschauen pianistischer Spartakiaden erinnerte – fast witzig als aufgedrehte Hämmerei automatenhaften Stumpfsinns. Großer Applaus nach dieser Verausgabung und dann noch ein Schleusenöffner auf Grundlage eines bretternden lisztomanischen Zugabe-Zingarismus, der den Friedrich-von-Thiersch-Saal in helle Begeisterung versetzte.More Related News