Erfundener Mord - Polizei warnt vor Fakevideo
ZDF
Die Polizei warnt vor einem Fake-Video: Ukrainische Flüchtlingen hätten einen 16-Jährigen erschlagen. Was steckt dahinter?
Die Frau in dem Video ist den Tränen nah, klingt verzweifelt. Ihre Stimme bricht, als sie auf russisch in die Kamera spricht. Sie habe erfahren, dass ukrainische Flüchtlinge in Euskirchen den 16-jährigen Daniel zu Tode geprügelt hätten. Der einzige Grund für das Verbrechen: Der Junge habe russisch gesprochen. Sie kenne die Familie des 16-Jährigen, der als Freiwilliger in einem Flüchtlingsheim ausgeholfen haben soll. Er sei ein "lange ersehntes" Wunschkind gewesen.
Das Video wurde und wird tausendfach geteilt, bei Facebook, Twitter, Telegram, Tiktok. Doch nun ermittelt der Staatsschutz der Polizei Bonn: Die Experten vermuten, dass es sich um Desinformation handelt - also um ein absichtlich verbreitetes Fake-Video, wie es in einem Tweet der Polizei heißt.
Denn: "Der für Kapitalverbrechen im Bereich Euskirchen zuständigen Polizei Bonn liegen keinerlei Informationen über einen solchen gewalttätigen Übergriff oder gar über einen Todesfall vor."
Wäre tatsächlich ein Jugendlicher in einem Flüchtlingsheim zu Tode geprügelt worden, müsste nicht nur die Polizei davon Kenntnis haben. Die Ermittler beim Staatschutz gehen davon aus, dass das Video Hass gegen Flüchtlinge aus der Ukraine schüren soll.
Selbst das Bundesinnenministerium hat sich inzwischen bei Twitter zu dem Fall geäußert und warnt in einem russisch-sprachigen Tweet vor Desinformation: "In den sozialen Netzwerken kursiert ein russischsprachiges Video über die Ermordung eines russischen Jugendlichen durch ukrainische Flüchtlinge in der Stadt Euskirchen. Uns ist kein solcher Vorfall bekannt" heißt es im Tweet des Ministeriums.
Wie kam es überhaupt zu dem Gerücht? Recherchen von ZDFheute und t-online deuten darauf hin, dass der Ursprung der Nachricht in Russland liegt: Eine Meldung über den angeblichen Vorfall in Euskirchen findet sich bereits am Sonntagmittag auf dem russischen Nachrichtenportal "Riafan".
Dort heißt es: "Ein minderjähriger Jugendlicher wurde Opfer aggressiver Flüchtlinge aus der Ukraine." Der Teenager habe als Freiwilliger in der Stadt Euskirchen gearbeitet und sei angegriffen worden, "weil er russisch sprach. Der junge Mann erlag seinen schweren Verletzungen." Eine Quelle für die Behauptung wird bei "Riafan" nicht angegeben.