Erdnaher Exoplanet: „Nachbar voller interessanter neuer Welten“
Frankfurter Rundschau
Der erdnächste Stern Proxima Centauri wird von mindestens drei Exoplaneten umkreist. Warum diese neue Erkenntnis für die Weltraumforschung von großer Bedeutung ist.
Cerro Paranal – Proxima Centauri ist ein Stern, der Fantasien weckt – Fantasien, die häufig nach Science Fiction klingen: Könnte man Miniraumschiffe per Laserstrahl dort hinbringen? Und könnte es dort nicht etwa auch außerirdisches Leben geben? Mysteriöse Signale von Proxima Centauri machten Hoffnung. Der Grund, warum Proxima Centauri die Fantasie so sehr anregt, ist seine Entfernung zur Erde: Sie beträgt nur etwas mehr als vier Lichtjahre – in Weltall-Dimensionen betrachtet ist das die direkte Nachbarschaft. Und tatsächlich: Proxima Centauri, ein veränderlicher Stern im Sternbild Zentaur, ist der erdnächste bekannte Stern.
Doch nicht nur Proxima Centauri selbst sorgt immer wieder für Spekulationen. Auch seine Begleiter sind von großem Interesse. 2016 wurde der erste Exoplanet entdeckt, der den erdnächsten Stern umkreist (Proxima b), 2020 wurde mit Proxima c ein weiterer Planet in einer Umlaufbahn um den Stern entdeckt. Und nun gibt es erneut Nachrichten von Proxima Centauri: Forschende um João Faria (Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço in Portugal) haben mithilfe des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile einen weiteren Exoplaneten aufgespürt, der den Stern umkreist und ihre Ergebnisse im Fachjournal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Der Planet erhielt mit seiner Entdeckung den Namen Proxima Centauri d (kurz: Proxima d). Er umkreist seinen Stern in einer Entfernung von etwa vier Millionen Kilometern. Zum Vergleich: Der Abstand zwischen Erde und Sonne beträgt etwa 150 Millionen Kilometer. Der neu entdeckte Exoplanet benötigt nur fünf Tage für eine Umrundung des Sterns. Er hält sich dabei zwischen dem Stern und dessen habitabler Zone auf. Die habitable Zone ist der Bereich um einen Stern, in dem flüssiges Wasser auf der Planetenoberfläche existieren kann.
In der Studie geben die Forschenden auch die Masse des neuen Exoplaneten an: Er besteht demnach aus Gestein und hat eine minimale Masse von 0,226 Erden – das ist etwa die doppelte Masse des Planeten Mars – und ist der leichteste Exoplanet, der je mit der Radialgeschwindigkeitstechnik entdeckt wurde. Bei dieser Methode werden die winzigen Schwankungen in der Bewegung eines Sterns gemessen, die durch die Anziehungskraft eines Planeten entstehen. Doch die Schwerkraft von Proxima d ist so gering, dass der Stern Proxima Centauri nur mit etwa 40 Zentimetern pro Sekunde (entspricht 1,44 km/h) bewegt wird. Trotzdem gelang der Fund.
„Dieser Erfolg ist äußerst bedeutsam“, betont Pedro Figueira, der bei der ESO das Instrument „Espresso“ betreut, mit dem der Fund gelang. „Er zeigt, dass die Radialgeschwindigkeitstechnik das Potenzial hat, leichte Planeten wie unseren eigenen zu entdecken, die vermutlich die häufigsten in unserer Galaxie sind und die möglicherweise Leben, wie wir es kennen, beherbergen können.“