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Erbettelte Ohrfeige
Frankfurter Rundschau
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Steuerzinssatz der Finanzämter ist eine erbettelte Ohrfeige für Politik und Ministerialbürokratie. Ein Kommentar.
Die Berliner Politik und das Bundesverfassungsgericht verbindet eine besondere Hassliebe. Einerseits beschweren sich Abgeordnete wie Regierungsvertreter:innen regelmäßig darüber, dass Karlsruhe seine Kompetenzen überschreitet. Andererseits gibt es immer wieder Beispiele, wo die Politik durch faule Kompromisse, schlechtes Regierungshandwerk oder schlichte Untätigkeit ein Eingreifen der Richter:innen geradezu herausfordert. Die sechs Prozent Steuerzinsen, die der Fiskus seit den 1960er Jahren unabhängig von allen Finanzmarktkrisen kassiert, sind dafür ein Paradebeispiel. Ein Zinssatz, der rein gar nichts mit der Realität an den Finanzmärkten zu tun hat und auf absehbare Zeit auch nicht mehr haben wird, wurde stoisch weiter erhoben – weil das Finanzministerium um Steuereinnahmen fürchtete und weil in den Koalitionsfraktionen offenbar niemand das Thema für bedeutsam genug eingeschätzt hatte, um einen Konflikt mit der Regierung zu riskieren. Durch ihre Untätigkeit haben Politik und Ministerialbürokratie die Ohrfeige aus Karlsruhe geradezu erbettelt – und nun bekommen.More Related News