Er ist der King im Osten - bis die Mauer fällt
n-tv
Junge aus dem Westen trifft Mädchen aus dem Osten, sie verlieben sich: Eine Geschichte, die Hunderte, Tausende Male passiert ist. So auch in "Junge aus West-Berlin" von Maxim Leo. Marc und Nele erleben einen rauschhaften Sommer 1989 in Berlin-Prenzlauer-Berg - doch der Mauerfall hat dann andere Folgen für sie als erwartet.
Der Buchtitel erinnert natürlich sofort an Udo Lindenbergs Song "Mädchen aus Ost-Berlin". Und tatsächlich gibt es Parallelen: Ein Typ kommt in den Ostteil der Stadt, weit vor dem Mauerfall, und da trifft er "ein ganz heißes Mädchen ... und du findest sie sehr bedeutend und sie dich auch". Hier hört es aber schon auf mit den Ähnlichkeiten. Es bleibt, zumindest bei Ost-Mädchen Nummer eins, bei der kurzen Begegnung - die sich aber dafür als schicksalhaft herausstellt und sein ganzes Leben grundlegend ändert.
Denn Marc, der Junge aus Karlsruhe, also aus dem Westen Deutschlands, bemerkt 1977 bei der Klassenfahrt nach Berlin eine ihm bisher unbekannte Wirkung: Allein die Tatsache, dass er aus dem Westen kommt, lässt die Augen des Mädchens glänzen - sie findet ihn interessant! Ihn! Der sich selbst "auf dem Gipfel seiner Hässlichkeit" fühlt, picklig, stinkig und gähnend langweilig. Eine ganz neue, aufregende Erfahrung, die ihn später zum Studium nach West-Berlin führt. Und die er dann problemlos wieder und wieder machen kann: "Die Leute verwandelten sich, sobald sie erfuhren, dass ich aus dem Westen kam."
Marc taucht ein in die Vorwende-Szene im Stadtteil Prenzlauer Berg, geht auf WG-Partys, ins "Wiener Café" in der Schönhauser Allee, tanzen im "Cafe Nord". Er kann hier den großen Zampano geben, fühlt sich wie der King, macht sich selber noch interessanter, indem er sich als große Nummer in der Musikbranche ausgibt. Dabei arbeitet er nur in einer Klappstuhl-Firma ... Kann ja niemand überprüfen. Und er versorgt "besonders charismatische Künstler und besonders schöne Frauen" mit all den begehrenswerten West-Waren, die sie bei ihm bestellen, von exotischem Obst über Bücher bis Jeans. Dafür geht zwar viel Geld drauf, aber sein Ansehen wächst - und er fühlt sich eh längst wohler, lebendiger im "dunklen Osten, wo meine Lebensfreude wohnte", und verbringt so viel Zeit wie möglich dort.