Entwicklungshilfe: Jeder achte Euro auf der Streichliste
DW
Als Finanzminister Lindner den Haushalt 2022 entwarf, sah er durchaus Sparpotenzial bei der Entwicklungshilfe. Ein Ansatz, den der Krieg in der Ukraine in Frage stellt. Sogar in Linders FDP regt sich Widerstand.
Es passiert nicht oft, dass ein Regierungsmitglied den eigenen Etat so kritisch vorträgt, wie es Svenja Schulze, die SPD-Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ zum Auftakt der Haushaltsdebatte im Bundestag getan hat. Zwar sind im Regierungsentwurf für den Haushalt 2022 insgesamt rund 23 Milliarden Euro für Ausgaben geplant, die sich Deutschland als Geberland für die international vereinbarte Official Development Assistance (ODA) anrechnen kann. Das entspricht der geforderten Quote von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Der in der ODA-Quote enthaltene Etat des Entwicklungsministeriums schrumpft aber um mehr als zwölf Prozent und soll nur noch 10,8 Milliarden Euro umfassen. Schulze machte in der Debatte keinen Hehl daraus, dass sie die Summe für nicht ausreichend hält. Bereits vor dem Ukraine-Krieg seien die Herausforderungen groß gewesen: Die Corona-Pandemie sei für die ärmsten Ländereine Polypandemie geworden - mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Hinzu komme der Klimawandel, von dem die ärmsten Länder der Welt am härtesten betroffen seien. Die Folge seien Dürren, Stürme Überschwemmungen und Missernten.
Nun spitzt sich die Lage noch weiter zu. "Der Krieg in der Kornkammer der Welt hat dramatische Auswirkungen auf die weltweite Ernährung", warnte Schulze und kritisierte den um rund 50 Prozent gekürzten deutschen Beitrag für das Welternährungsprogramm. "Uns allen ist klar, dass beispielsweise die im Regierungsentwurf eingeplanten 28 Millionen Euro nicht reichen werden, um Ernteausfälle auszugleichen und Hungersnöte zu verhindern." Sie zähle auf das Parlament, "dass wir hier noch einmal nachlegen können", so die Sozialdemokratin.
Eine Forderung, die selbst in der Opposition auf offene Ohren stößt. Für die Unionsfraktion kritisierte Hermann Gröhe die Kürzungspläne scharf. Angesichts von 800 Millionen Menschen, die weltweit an Hunger litten und in einer Zeit, in der es mehr globale Solidarität brauche, sinke der Etat um fast 1,6 Milliarden Euro. "Sieht bei Ihnen eigentlich keiner mehr Nachrichten?", fragte Gröhe und konstatierte: "Dass der Entwicklungshaushalt hinter dem eigenen Anspruch zurückbleibt, gefährdet die Verantwortung unseres Landes für die globale Entwicklung."
Aus der CDU musste sich Schulze auch die Spitze gefallen lassen, sie habe bei der Aufstellung des Haushalts offenbar schlecht mit Bundesfinanzminister Christian Lindner verhandelt. Tatsächlich aber war Schulzes Einfluss begrenzt. Die FDP, deren Vorsitzender Lindner ist, sieht bei der Entwicklungspolitik grundsätzlich Einsparmöglichkeiten. Man setze auf Qualität statt Quantität der eingesetzten Mittel, heißt es im FDP-Parteiprogramm.