
Enne Poppe und das Ensemble Modern: Nährlösung für Neue Musik
Frankfurter Rundschau
Komponist Enno Poppe mit dem Ensemble Modern in der Alten Oper
Eine komponierte Interpretation nannte Hans Zender seine Instrumentation von Schuberts „Winterreise“ einst. Die Wiederkehr alter Idiome und Formen war ein Entlastungsverfahren, mit dem man ab den 90er Jahren vom nicht mehr erfindungsstarken und entsprechend reizlos gewordenen Avantgardismus Abstand nehmen konnte, ohne sein Gesicht zu verlieren.
Ein ganzes Genre sich aber vorzunehmen – das ist ein starkes Stück, und das bescherte jetzt im Ensemble-Modern-Konzert im Mozart-Saal der Alten Oper Enno Poppe. Jener ebenso gewitzte wie formstarke 52-jährige Komponist, der, wie man wieder erleben konnte, auch ein begnadeter Dirigent seiner Werke ist.
Sein musikalisches Sediment war bei dem in Köln gerade uraufgeführten „Körper“ die Big Band mit ihrem Klanghabitus, ihren Ausdrucksmustern und ihrer Verlaufsdramaturgie. Ein 21-köpfiges, kongeniales Ensemble Modern mit entsprechend stark besetzten Bläsern und Schlagzeug war hier eindeutig in seinem Element, ist der Klang des Frankfurter Ensembles doch von Haus aus blechlastig und mit einer gewissen Rauheit und Härte versehen.
Eine dreiviertel Stunde dröhnte und raste wild bewegt im tiefgestaffelten, vielstimmigen Klangzug das Geschehen. Aber ebenso in ruhiger, leiser Statuarik.
Schnell wurde klar: hier will einer das Ungehobene dieses Ensemble-Typs mit seinen martialisischen wie heimeligen, extra- wie introvertierten Momenten bergen und für eine entstandardisierte Realisierung fruchtbar machen. Das war Neue Musik, aber eben eine, die sich an der Nährlösung anderer Spielarten und Klangweisen bedient.