Emmanuel Macron vor der Wahl in Frankreich: Warum der Sieg nicht sicher ist
Frankfurter Rundschau
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellt einen inhaltlich dünnen Katalog für die Wahl vor und scheint fest mit dem Sieg zu rechnen. So sicher ist der nicht
Paris - In Europa herrscht Krieg, und Frankreich steht vor einer Schicksalswahl zwischen pro-europäischen Liberaldemokraten und Extrempopulisten mit Putin-Sympathien. Die Lage ist ernst – doch als Emmanuel Macron am Donnerstag vor die Presse trat, gab er sich locker, nonchalant und scherzend.
Der seit 2017 amtierende Präsident von Frankreich war nach Aubervilliers in der Pariser Banlieue gekommen, um sein Wahlprogramm vorzustellen. Das Kernstück, die Rentenreform mit Ruhestand ab 65 (aktuell 62), hatte Macron schon in der ersten Amtszeit nicht geschafft. Neu will er die Erbschaftssteuern reduzieren; zum politischen Ausgleich gibt es soziale Verbesserungen für alleinstehende Mütter sowie ein Existenzminimum von 1000 Euro.
Mitreißend oder auch nur innovativ ist das Programm nicht: Politolog:innen nennen es „kurzfristig zusammengestiefelt“, die konservative Republikanerin Valérie Pécresse fühlt sich „abgekupfert“. Doch das ist Nebensache. Durch die Blume sagt Macron nichts anderes als: „Das Programm bin ich.“ Mit seinem dünnen Ideenkatalog drückt er unfreiwillig aus, dass es derzeit nicht um Themen gehe, sondern um die Person. Das heißt um die Frage, wer Frankreich die nächsten fünf Jahre durch die unsicheren Zeiten führen werde. Europaminister Clément Beau erklärte, die Präsidentschaftswahlen erforderten eine „nationale Einheit, die der Staatspräsident verkörpert“.
Das heißt Emmanuel Macron. Der 44-jährige Mittepolitiker führt in den Umfragen für den ersten Wahlgang am 10. April klar mit 30 Prozent. Vier Konkurrent:innen streiten sich um Platz zwei und damit den Einzug in die Stichwahl am 24. April. Marine Le Pen hat dabei mit 18 Prozent leicht die Nase vor Linkenchef Jean-Luc Mélenchon. Die Rechtspopulistin hat erkannt, dass es nichts bringt, über Immigrant:innen zu lästern; dafür gibt sie sich betont sozial. Pécresse und der Rechtsaußen Eric Zemmour sind dagegen auf 11 Prozent zurückgefallen.
Macron erweist sich einmal mehr als gewiefter Wahlkämpfer. Er inszeniert sich als „Beschützer der Nation“ (Beaune) über den Niederungen des Wahlkampfes und lässt sich zumindest vor dem ersten Wahlgang gar nicht erst auf TV-Streitgespräche ein. Dafür verteilt er in Ausübung seiner Funktion generöse Wahlgeschenke – hier ein paar Milliarden zur Senkung der steigenden Benzinpreise um 15 Cents, dort einen Teuerungsausgleich für die Beamtenschaft.