Elizabeth Wetmore „Wir sind dieser Staub“: Sie sterben, wenn Männer sie umbringen
Frankfurter Rundschau
„Wir sind dieser Staub“, Elizabeth Wetmores Roman über Gewalt, Männer und Frauen im Texas der 70er Jahre.
Warum spielen die Mädchen in Odessa nie Verstecken? Weil keiner sie suchen würde.“
Odessa, Texas, in den 70er Jahren. Die Männer arbeiten auf den Ölfeldern. Die Frauen hocken zu Hause, kämpfen gegen den allgegenwärtigen Staub an, versuchen, das ominöse Leuchten zu ignorieren, wenn Gas abgefackelt wird, passen auf die Kinder auf. Und blicken, wenn ein Sandsturm kommt, auf einen Himmel von der „Farbe eines alten Blutergusses“. Die Männer hier sterben, „wenn sie sich betrinken und aus Versehen erschießen“, wenn sie am Steuer einschlafen, ein Bullenkalb sie tritt, wenn sie betrunken vom Wasserturm fallen. Oder bei einer Massenkarambolage. Bei einer Schießerei. „Und wie sterben die Frauen? Normalerweise, wenn Männer sie umbringen.“
Darum läuft die 14-jährige Gloria in Elizabeth Wetmores Debütroman „Wir sind dieser Staub“ (Orig. „Valentine“, 2020) über Dornen und Glasscherben, hält sich an Stacheldraht fest, schleppt sich zu einem Haus, nur fort von dem Truck, in dem ihr Vergewaltiger seinen Rausch ausschläft. Ein junger Mann namens Dale Strickland, von dem später (fast) alle sagen werden, dass er doch ein so anständiger junger Mann ist und immer höflich zu den Frauen. Mary Rose Whitehead sieht die blutüberströmte Gloria, holt sie rein, stellt sich mit einer Waffe auf die Veranda, von der sie noch nicht einmal weiß, ob sie geladen ist. Später wird sie die Einzige sein, die im Prozess gegen Strickland aussagt, während Nachbarn und Freundinnen denken, sie hätte sich raushalten sollen, schon um ihre Kinder zu schützen. Wenn doch nicht einmal die kleine Mexikanerin bereit ist, vor Gericht zu erscheinen. Die kleine Mexikanerin wurde nach langem Krankenhausaufenthalt (Stricklands Schläge führten unter anderem zu einem Milzriss), von ihrem Onkel in ein Motel geschafft, wo sie heilen soll.