Eintracht Frankfurt spielt und kämpft furios, wird von Torres aber spät ernüchtert
RTL
Ein mitreißendes Eintracht Frankfurt fliegt in der Europa League gegen den FC Barcelona womöglich wieder einer Sensation entgegen.
Die Fans sind zurück und liefern eine spektakuläre Choreografie im Frankfurter Stadion: Mit reichlich Pyrotechnik und einer emotionalen Huldigung der verstorbenen Klublegende Jürgen Grabowski wird Eintracht Frankfurt von den Anhängern begrüßt und auf eines der größten Spiele der Vereinshistorie eingeschworen. Auf das Viertelfinal-Hinspiel der Europa League gegen den FC Barcelona, das sich in den vergangenen Wochen so beeindruckend von der schweren Last der Pleitesorgen und des Lionel-Messi-Erbes befreit hatte.
Und so gut die Frankfurter in diese Partie gekommen waren, so fast schon bitter endete sie. Ansgar Knauff hatte (48.) für grenzlose Euphorie gesorgt, Ferran Torres sie eiskalt einkassiert (66.). Und so geht es mit einem 1:1 ins Rückspiel. Immerhin: die Auswärtstorregel gibt es nicht mehr.
Sie waren gerannt wie die Wahnsinnigen, sie hatten malocht wie die Teufel, hatten den Riesen aus Spanien mächtig gepiesackt und waren am Ende ermattet, enttäuscht. Denn sie hatten alles richtig gemacht an diesem Donnerstagabend vor 48.000 Zuschauern. Sie waren nicht nur das Team mit der größeren Leidenschaft, sondern auch das Team, das den besseren Fußball gespielt hatte. Ein Satz, der irgendwie unwirklich klingt. Weil die Frankfurter in der Bundesliga nie konstant waren in dieser Saison. Und weil der FC Barcelona so beeindruckend auferstanden war. Mit Trainer Xavi und spektakulären Wintertransfers um Torres und Pierre-Emerick Aubameyang.
Die Eintracht, die träumt tatsächlich von der Sensation. Vielleicht sogar schon ein wenig vom ersten internationalen Titel seit 1980, seit dem UEFA-Cup-Triumph gegen Borussia Mönchengladbach. Der Weg dorthin ist weit und führt über das legendäre Camp Nou. Und dort muss nur eine Sache besser werden: die Chancenverwertung. Wie fahrlässig die Gastgeber mit ihren Gelegenheiten umgegangen waren, dass hatte Djibril Sow nach sechs Minuten eindrucksvoll dokumentiert. Nach der perfekten Ablage von Jesper Lindström hatte der Schweizer, im Hauptamt für die Stabilität verantwortlich, den Ball freistehend aus kurzer Distanz neben das Tor von DFB-Keeper Marc-André ter Stegen gesetzt.
Diese Szene war allerdings nicht die erste spektakuläre in dieser Partie. Bereits in der 3. Minute hatte ter Stegens Auswahlkollegen Kevin Trapp einen fulminanten Schuss von Ferran Torres noch über die Latte gelenkt. Die Partie schien zu versprechen, was man sich von ihr erhofft hatte. Ein rauschendes Fest. Ein packendes Vollgas-Duell. Doch dabei blieb es nicht, auch wenn die Eintracht die Sache sehr gut machte. Klar im Spiel, gut in der Balance zwischen Attacke und Arbeit. Den katalanischen Gästen schmeckte dieser Ansatz überhaupt nicht. Das Spiel des FC Barcelona war geprägt von viel Ballbesitz, aber eben auch von null Ertrag. Die hochgelobten Pedri und Gavi hatten kaum starke Momente. Und wenn dann im eigenen Strafraum, einem Habitat, in dem sie sich eigentlich so nicht gerne aufhalten. Gavi klärte nach zehn Minuten in höchster Not, schlug danach mit beiden Händen wütend auf den Rasen. Nein, so hatten sich die Katalanen das hier nicht vorgestellt.
Zwar übernahm die Mannschaft von Klubikone Xavi zunehmend die Kontrolle, blieb allerdings immer wieder anfällig für die schnellen Angriffe der Eintracht. Sowohl Filip Kostic als auch Ansgar Knauff, der in der Hinrunde noch für die U23 des BVB in Liga drei unter anderem gegen Verl, gegen Duisburg und gegen Würzburg gespielt hatte, trieben immer wieder mächtig an. Der junge Knauff schrieb dann die besondere Geschichte dieses Spiels. Kurz nach der Pause zog er nach einem geklärten Ball nach einer Ecke direkt und wuchtig ab, sein Schuss drehte sich aus der Mitte noch nach rechts weg – ins Glück. In die Leidenschaft. Die war mit Wiederanpfiff erneut wild angezündet worden. Und im abziehenden Pyro-Nebel hatte Lindström fast das 2:0 erzielt. Seine Direktabnahme nach Hereingabe von Kostic landete knapp neben dem Tor von ter Stegen. Der schimpfte und war fassungslos, wie überfordert seine Abwehr agierte, die Mitte der ersten Halbzeit den ikonischen Pique verletzt verloren hatten.
Barcelona rappelte sich nur langsam auf. Xavi korrigierte seine Startelf, brachte Ousmane Dembélé, der zuletzt so überragend gespielt hatte, und Frenkie de Jong. Und kaum waren die beiden auf dem Feld, fiel der Ausgleich. Dembélé zog an, fand de Jong, der spielte doppelten Doppelpass mit Torres – und drin war der Ball. Nicht mal einen zarten Hinweis auf dieses Tor hatte es gegeben. Den Gästen schien das zu reichen. Sie zogen sich in ihr enttäuschendes Spiel zurück, nicht sonderlich bemüht. In beide Richtungen des Spielfelds. Die Eintracht mühte sich, aber Sturmsolist Rafael Borré rannte viel, rannte umsonst. Und als der überragende Tuta nach 77 Minuten mit Gelb-Rot runter musste, hatte Barca den Platz, den es für sein zermürbendes Passspiel braucht. Aber Geschichte (aus Hälfte eins) wiederholt sich: viel Ballbesitz, weniger Ertrag. Und ein Ergebnis, das nicht zur Euphorie taugt, aber große Träume auch nicht zerstört hat.